118 Oskar Speck: Elbe zu, um uach Böhmen vorzudringen. Am 16. April vormittags 8 Uhr zeigte der Kommandant der Einwohnerschaft Pirnas durch Kanonenschüsse die Annäherung des schwedischen Heeres an, das sich der Stadt und des Schlosses und damit des Elbpasses bemächtigen wollte. Leider stand ihm nur geringe Mannschaft zur Abwehr des Feindes zu Gebote: eine Freikompagnie Fußvolk vom Regiment des Obersten Klaus von Taube, die Blauröcke genannt, und das Pirnaische Desensionsfähnlein, beide mit niedrigem Mannschastsstand, und dazu auf dem Schlosse noch eine Anzahl Artilleriepersonen, d. h. znm Geschütz- und Bauwesen gehörige Offiziere und Mannschaften. Während Liebenau mit Bewilligung des Kurfürsten die Häuser in den Vorstädten aus 50 Schuh im Umkreise vom Stadtgraben an niederbrennen ließ, um den Feind noch möglichst fern zu halten, gelang es diesem, noch am Tage der Ankunft Stadt und Schloß völlig einzuschließen. Da die Schweden sich auch auf dem rechten Elbufer festgesetzt hatten, ließ Liebenau mehrere Ausfälle unternehmen, nm ihre Belagerungswerke in Copitz und auf der Copitzer Höhe zu zerstören, leider ohne Erfolg. Inzwischen schritten die Belagerungsarbeiten der Schweden, die gegen die Stadt gerichtet waren, rasch fort, und auch ihre gegen das Schloß gerichteten Unternehmungen waren erfolgreich: sie eroberten das massiv gebaute Lusthaus im Schloßgarten und zerstörten die nach dem Schlosse führende Wasserleitung. Liebenau suchte die Fortschritte der Schweden so viel wie möglich zu hemmen. Er litt auf dem Schlosse wenig unter dem feindlichen Feuer, schoß aber seinerseits „wie der Teufel raus" und traf nicht unglücklich. Trotz alledem konnte er nicht verhindern, daß Banör am 23. April nach vorangegangener Beschießung der Mauern und Türme die Stadt im Sturme einnahm. Er zog sich, der vom Kurfürsten empfangenen Weisung folgend, mit der Besatzung aufs Schloß zurück, das er aufs tapferste und glücklichste verteidigte, so daß die Schweden diesen Ort nicht, wie sie geprahlt hatten, in einer Frühsuppe aufessen konnten. Die von Banör bei seinem Aufbruch nach Böhmen zurückgelassenen zwei Regimenter bauten und schanzten weiter gegen das Schloß, das Liebenau mit Gottes Hilfe bis zum letzten Blutstropfen halten wollte. Indessen gingen bei den Belagerten die Lebensmittel aus die Neige. Da kamen auf Liebenaus Drängen am 20. Mai von Dresden Reiter und Fußvolk mit acht Wagen voll Lebensmittel und Schießbedarf. Das Fußvolk, dem sich die Schloßbesatzung anschloß, lief Sturm auf die gegen das Schloß errichteten Schanzen, trieb die Schweden glücklich hinaus und entsetzte so das Schloß, in das Mehl und Munition hineingebracht wurden. Liebenau zerstörte hieraus die schwedischen Belagerungswerke und unternahm glückliche Ausfälle gegen die Besatzung der Stadt. Ende