118 Gerhard von Keußler, Herzens in der Technik, nach dem Einzug fortschrittlich pul sierender Nächstenliebe in den Dom, und vor der Ausbreitung ver bindlich tönender Menschenliebe innerhalb aller hohen Kunstbetätigung und Schulung. — Nur in einem lebendigen Ebenmaß der drei Ehrfurchte, wie sie Goethe in den Wanderjahren darlegt, dürfen wir unser Urteil über die großen inneren Fehlbeträge abgeben, die als unser kirchenmusikalisches Debet gebucht daftehen. Das musikalisch administrative Tun und Lassen unserer Geistlichkeiten zu bekritteln, ist wohlfeil. Freilich wurde — auch bei der Herstellung der neuen unterschiedlichen Gesangbücher — viel gefehlt; voreiliges Tun und saumselig unkluges Unterlassen haben auch in den Akten unserer friedlosen Choralreform verräterische Durchschläge zu ver zeichnen. Kennt man, geschichtlich, die Entstehung unserer kirchlichen Spalt barkeit und Spaltungen, besonders in unserer liturgischen Polymerie; besitzt man, soziologisch, die Einsicht, waS hier Arbeit heißt, Arbeits lust, Arbeitsfähigkeit, wie obenauf Arbeitsteilung; lind hat man, ästhetisch, die Gewähr erlangt, daß nur das jeweilig Vollkommenste — technisch Fertige — liturgischer Gebrauchsgegcnftand werden darf, so weiß man auch, warum hier die erste Bedingungsfrage an den musikalischen Mitarbeiter dem technischen Können zu gelten hat, und nicht dem geistlichen Wollen. Zuvörderst die Meister rufen, nur Meister, und erst dann — darum aber nicht oberflächlich — eine Sichtung und Auswahl der Gekommenen vornehmen, nach geistlichen Kriterien. Die sind: daS persönliche und musikalisch schon bekundete Verhältnis zur Person des Heilands, zur Feier seines Gedächtnisses wie überhaupt zu allem, was da als Symbolik besteht oder gilt, potentiell und virtuell. Dem liturgischen Partikularismus und dem Wirrwar, der äußer lich unser kirchliches Ansehen drückt und innerlich die Gemeinden ent fremdet, eine der anderen, namentlich an den territorialen Bczirks- grenzen, — diesem Variantenbabcl unserer Tonsprachen am Altar wie im Gestühl und Gebänk, responsorisch und hymnologisch, kann nur durch ein liturgisches Concil weitesten Maßes ein Ende gemacht werden. — Wieder eine Frage der Technik aus dem Ge sichtsfeld des Betriebes innerhalb unserer Kirchenmusik und Choralreform. Nicht nur am ehesten, sondern auch am standfestesten werden