TYPOGRAPHISCHE MITTEILUNGEN Zeitschrift des Bildungsverbandes der Deutschen Buchdrucker, Sitz Berlin 38.Jahrgang. März 1931. Heft 3. Mit ständiger Beilage »Der Sprachwart« Arbeitsfreude ? Wo soll die Arbeitsfreude herkommen, wenn Lohnabbau und Arbeitslosigkeit drohen, wenn ein knurrender Magen und ständige Unsicherheit das Arbeitsverhältnis trüben? Wer will es dem Arbeiter verargen, daß er nicht an den Beruf denkt, sondern nur dem Gedanken lebt, wie er seine wirtschaftlichen Sorgen vermindert? Preisabbau war verheißen worden, aber Lohnabbau ist daraus geworden. Der Arbeiter fühlt, daß seine Arbeitskraft vom Staat und von der Ge sellschaft nicht geschützt wird. Er weiß, daß er sich nur auf die eigene Kraft stützen kann, auf seine gewerkschaftliche Organisation, die ihm auch in den Zeiten der ärgsten Not immer ein guter Berater und Helfer gewesen ist. Die Solidarität ist trotz der Not der Zeit nicht ins Wanken geraten. Aber etwas anderes droht zu wanken: die Arbeits freude, die Freude am Beruf! Seit über fünfundzwanzig Jahren ist die im Bildungsverbande der Deutschen Buchdrucker vereinigte Gehilfenschaft unermüdlich bestrebt, den Gedanken der Berufsfreude, der Freude an der Arbeit, zu wecken und zu pflegen. Der Aufstieg des Buchdruckgewerbes hat nicht zum wenigsten in diesem Streben seine Ursache. Von Anfang an stellte der Bildungsverband sein Ziel auf Gemeinschaftsarbeit; in diesem Geiste schulte er seine Mitglieder. Das ist sehr gut von führenden Persönlichkeiten des Buchdruckgewerbes erkannt worden. Sie wissen, daß durch diese Erziehungsarbeit ein neuer Schwung in die Arbeit des Buchdruckers kam. Verantwortungsgefühl und Bewußtheit des Schaffens führten zur Freude am Schaffen! Der Gedanke der Qualitätsarbeit gedieh! Es gab einsichtige Prinzipale, die durch entsprechenden Lohn Anerkennung zollten. Leistungszulagen w'aren der Erfolg. Wenn jetzt diese Leistungszulagen abgebaut werden sollten, dann erscheint es wohl als ganz selbstverständlich, daß darunter die Arbeitsfreude leiden muß; sie wird sich in Arbeitsunlust wandeln, und die Folgen werden sich an der Qualität der Arbeiten zeigen. Dennoch wird der Bildungsverband der Deutschen Buchdrucker die berufliche Fort bildung der Gehilfen betreiben und den Qualitätsgedanken hochhalten. Seine Wettbewerbe werden anregend und formbildend wirken und dazu dienen, die Freude an der eigenen Arbeit zu heben. Es wird auch wieder die Zeit kommen, in der es den Gehilfen möglich sein wird, die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten in entsprechenden Lohn um zusetzen. Sie werden sich von der gegenwärtigen wirtschaftlichen Depression nicht niederdrücken lassen. Die Weiter bildung in den Ortsgruppen des Bildungsverbandes wird von dem guten Buchdruckergeist der Solidarität getragen sein in der Erkenntnis, daß Fortbildung auch der Gesamtheit nutzt, und daß Bildungsarbeit Freude macht!