Von dieser tiefsten Depression des Geschmacks führt der Weg in der s.A-Wruck- Hölle der Pornographie aufwärts in ein Gebiet der Reproduktion, das in Amud"'' ästhetischer Beziehung weniger verletzend ist, aber nicht minder tiefe De pressionen des sittlichen Gefühls enthält als das vorausgehende. Hier steht die Photographie im Dienste der Pornographie. Millionen von Aktdarstellungen werden durch die bei den Akten der Polizeidirektion befindlichen Proben beschlagnahmter Postkarten und Vor lagen in Postkartenform repräsentiert. Ist es nicht eine Beleidigung für frei schaffende Künstler, wenn man ihnen zumutet, ihren Formensinn und ihr Formengedächtnis mit den in künstlerischer Hinsicht meist wertlosen Aktphotographien zu nähren? Aber gesetzt den Fall, sie könnten dieser Nahrung nicht entbehren, — was tun die 29351 Künstler und Kunstgewerbetreibenden, die im Jahre 1904 in Deutschland allenfalls als durch ihren Beruf legitimierte Käufer von Aktphotographien in Betracht kamen, mit dem Wust von Photographien, der schon dann, wenn man die Produktion als durch die hiesigen Beob achtungen erschöpfend gemessen annimmt, ans den einzelnen trifft? Ich höre den Einwand: Ist denn bloß Deutschland als Absatzgebiet für diese Jndustrieprodukte zu betrachten? Geht nicht ein großer Teil davon außer Landes? Gewiß, Jules Clareties Beobachtungen beweisen dies. Aber die Ausfuhr wird nach den mir bekannt gewordenen Preislisten spanischer und französischer Nuditätengroßhändler zu schließen, durch die Einfuhr aus geglichen. Gut; hat deun aber niemand das Recht, sich an der Schönheit des nackten menschlichen Körpers zu freuen als der Künstler? Darf die Pro duktion nicht mit den Kunstfreunden rechnen? Gewiß; sie darf es tun und sie tut es. Aber sie zieht in ihrer Skrupellosigkeit durch die Masse der Produktion und durch die Aufdring lichkeit der Reklame die Grenzen des Begriffs Kunstfreund und die Grenzen des Begriffs Kunst so weit, daß diese Grenzen das frühreife Kind als Kunst freund und die raffinierte Obszönität als Kunst umfassen. Wiederholt gingen im Verlaufe der Untersuchung ungefähr zwanzig Aktbilder auf Postkarten durch meine Hände. Es waren Lichtdrucke, die in süddeutschen Vervielfältigungsanstalten, in einer bayerischen und in einer württembergischen, angefertigt waren. Die eine der beiden Kunstanstalten nimmt nur dann Bestellungen von Postkarten an, wenn von einer Karte 5000 Stück und mehr bestellt werden. Die Karten mit Aktbildern trugen die Bezeichnungen „Künstlerstudien" auf der Bildseite, „Postkarte" auf der Adreßseite oder Ltuäs8 cts Laris und Oarto p08tal« oder Ltuäes ^rtwtiguss und „Studienblätter für Künstler und das Kunstgewerbe" ohne die Bezeichnung Postkarte. Es sind