Der zweite Teil dieses Buches handelt ebenfalls von den Menschen, von den kleinen und großen, von den bekannten und von den frem= den. Es erzählt jedoch auch von den zarten „Milch= und Blut=Wan= gen" und den groben, sonnengebräunten „Lederhäuten". Es setzt sich vornehmlich auseinander mit den Gesichtsfarben und scheidet sie wie die blassen Käsemilben von den feurigen Solokrebsen — wie die dunklen Mohrenköpfe von gelbem Vanillepudding. Das farbige Porträt — der Nachdruck liegt bei diesem Wort auf der Farbe. Wir leben in einer Zeit, da sie zur Fotografie als neu hinzugekommen ist. Es wäre langweilig, bei Adam und Eva anzufangen und zu er= zählen, daß man auch schon in weit zurückliegenden Jahren Farbfotos gemacht hat. Der Unterschied zwischen damals und heute besteht darin, daß die Farbfotografie endlich vom technischen Nimbus befreit ist, so daß sich jedermann mit ihr befassen kann. Durch die Vielzahl der Menschen, die nunmehr auf einfache Weise zu einem Abbild gelangen können, das neben der Wirklichkeitstreue zur Form auch noch Farbe zeigt, sind wir an Probleme geraten, die ihre Bedeutung eigentlich erst dadurch bekommen, daß sie an Men= sehen herangetragen werden müssen, die sich bislang damit noch nicht beschäftigt haben: denn das einzige und wirklich Entscheidende der Farbenfotografie ist ja bereits dadurch gelöst worden, daß der Farbfilm in seinem komplizierten Aufbau geschaffen wurde. Das fertige Produkt ist nur mehr Spielball der Meinungen. In der Arena treten auf und melden sich zum Wort: Farbchemiker, Physiker, Physiologen, Fototechniker, Fotoschriftsteller, Fotografen und — dann und wann auch mal ein Maler. . • Es scheint mir wichtig, diesen Wettkampf der Meinungen näher zu betrachten, wobei ich mich bemühe, ein völlig parteiloser Beobachter zu sein. Wenn es bisher um Farbe ging, dann war das eine Sache, die ein Maler verstand. Wenn es heute um die Farbe geht, dann versteht angeblich jeder etwas davon. , Da stehen im grünen Buschwerk drei rote Rosen. Wie einfach! Es gibt nur eine Meinung über sie. Es ist auch zu unwichtig, ein eigenes Urteil darüber zu fällen. Im Bild jedoch glaubt jeder über Schön oder Unschön der Darstellung voraussetzungslos seine Meinung äußern zu dürfen. Farben sind Freiwild der öffentlichen Meinung. Farbfotografie ist heute Allgemeingut Farbe im Widerstreit der Meinungen Farbe im allgemeinen Empfinden