38 reinen Menschheit und alles Edlen in ihr hielt. Und weiter behauptete er, »daß namentlich wir Deutschen an ihnen zugrunde gehen werden, ist gewiß, und viel leicht bin ich der letzte Deutsche, der sich gegen den bereits alles beherrschenden ... Judaismus aufrechtzu erhalten wußte.«' 1 Wie die Geschichte leidvoll zeigen sollte, war Wagner darin nicht der letzte Deutsche. Sein hochgelehrter Schwiegersohn, Houston Stewart Chamberlain, brachte den Juden in seinem antise mitisch geprägten Hauptwerk »Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts« deshalb seine Verachtung entgegen, weil sie eine Mischrasse mit unreinem Blut seien. Zu dem charakterisierte er den Juden als »nicht selten sehr klug, jedoch niemals zuverlässig, sittlich ist er stets ein Lump.« 2> Auch den so geistreichen und witzigen, bis in unsere Tage immer wieder verlegten Dichter und Zeichner Wilhelm Busch verließ seine Menschenliebe, wenn es um die Juden ging. So hieß es in der frommen Helene: »Und der Jud’ mit krummer Ferse, / krummer Nas’ und krummer Hos’/schlängelt sich zur hohen Börse/ tiefverderbt und seelenlos.« 31 Hier wurde vor allem der Jugend, und dies über Gene rationen, ein von vornherein negativ geprägtes Klischee bild vom Juden als komischer Figur, über die man nach Herzenslust Witze reißen konnte, ver mittelt. So nimmt es nicht wunder, daß reichlich 50 Jahre später einer der schlimmsten anti jüdischen Hetzer, Gauleiter Julius Streicher, mit seinen Judenbüchern für Kinder an Wilhelm Buschs Verse anknüpfte. 41 Der Gründerkrach löste 1873 eine neue Welle des Antisemitismus in Deutschland, aber auch in Österreich-Ungarn aus. Wie schon im Mittelalter bei Ausbruch der Pest oder ähnlichen Katastrophen, für die man keine Erklärung fand, wurde ein Schuldiger an der hereingebroche nen Finanz- und Wirtschaftskrise gesucht. Einen Sündenbock hatte man schnell in den Juden gefunden. So behauptete der bekannte Publizist Otto Glagau 1875, daß der verheerende Gründerkrach auf das Wirken jüdischer Spekulanten und Wucherer zurückzuführen sei. In einer Artikelfolge in der sonst so harmlos-biederen, auch in Dresden verbreiteten »Garten laube«, versuchte er den Volkszorn auf die Juden zu lenken. Er schrieb hier u.a., daß es bei spiellos in der Welt sei, »daß ein heimatloses Volk, eine physisch wie psychisch entschieden degenerierte Rasse bloß durch List und Schlauheit, durch Wucher und Schacher über den Erdkreis gebietet« und dem deutschen Volk das Mark aussauge. 31 »Im Zeichen des Antisemitismus ließen sich alle Gefühle der Unsicherheit und Unzufriedenheit, des Stolzes, der Furcht und des Hasses auf einen einzigen Nenner zusammensudeln«, wie Golo & urj bi« «äofe, lang brr Äod, ftrumm bi« Hafe unb brr 0tod, Xugcn fc&roarj unb Breie grau, •^lit n«* feinten, tTliene fcblatt — 0o i|t 0ct)inuld)«n Bcbieoclbeincr. (Behälter i(l bod? unfereinerl) Wilhelm Busch, aus »Plisch und Plum« (5. Kapitel)