S eitdem ich das Telegramm erhalten, verließ mich nicht mehr ein heftiges Zittern. Es bebte durch meinen ganzen Körper, hatte jede Fingerspitze ergriffen, ein Frösteln rann das Rücken mark herab bis in die Fersen. Die Botschaft, die meine Hände noch umklammert hielten, lautete: „Sofort herkommen — Rolf ver unglückt." Nichts weiter. Fliegend packte ich die notwendigsten Sachen und saß eine Stunde später im Zuge, der mich zu den Freunden nach Norden führte, bei denen meine Tochter zu Besuch weilte. Vorgestern — oder war es schon ein Jahr? — hatte ich die glücktaumelnde Nachricht erhalten, daß sie sich verlobt habe, verlobt mit eben diesem Rolf, der vielleicht in diesem Augenblick — — s 63i Von M. von Corvinus ich dachte nicht weiter. Rolf Sendling be saß ein Gut, ein kleines, aber auserwähltes Gestüt. Er war bekannter Herrenreiter und vor allem mit jenen Tugenden geschmückt, die ein junges Herz entflammen. Wenn ich auch als Lebens- und Men schenkennerin lächelnd diese Schilderung auf das Konto des verliebten Seelchens einer Achtzehnjährigen geschoben hatte, — auch nach Abzug von 50 Prozent konnte das Glück meines einzigen Kindes begrün det sein, zumal meine Freunde mir in ruhiger und nüchterner Weise den zukünf tigen Schwiegersohn als einen wohlgestal teten und wohlsituierten Mann schilderten. Die Zukunft Irenes so gesichert zu sehen, machte mich unendlich glücklich. Ich traf alle Vorbereitungen zum Empfange des