Ein Kurzfilm von John Kienau Zeichnungen von Hans Rothe Ganz verlassen stand Hinnerk Weiß- blank im pfundschweren Nebel. Sein Knecht, Peter Olsen, und der Schiffs junge, klapperten vor ihm pfeifend in die Nacht hinein und waren nur noch ein paar blasse Schatten im nassen Dunst. Die hatten acht Tage und Nächte Arbeit hinter sich, denn es ist ein atem loser Kampf ums Leben, den der Fischer mit dem Meer führt. Aber jetzt hatten sie Geld im Sack und Freinacht, jetzt wartete St. Pauli auf sie mit warmen Kneipen und Hippodrom und allem Ur laubsglück, das es für Seeleute gibt. Ihn selbst aber, den Käpten, zwang die ser vermaledeite Fischdieb, der ihm schon zweimal am Abend vor der Auk tion im Altonaer Fischhafen die volle Bünn mit frischem Fang leer geplündert hatte, Wachtdienst zu tun, damit ihm nicht zum drittenmal der Gewinn durch die Nase ging. Der konnte sich freilich einen schönen dicken Bauch anfressen, dieser Hafen- Haifisch, der nicht in der Nordsee, son dern von der Kaimauer aus fischte! Aber jetzt sollte ihm das Handwerk ge legt werden, Peter Olsen hatte den Kriegsplan entworfen, das war ein ge waltiger Schlaukopf, dem war so leicht kein Fischdieb gewachsen. Freilich, wenn der Schwefelkerl ge rade heute nicht kam, so daß Hinnerk Weißblank seine Nacht da unten in der dunklen Bünn vertrödeln mußte, ohne ein einziges Wort an den schönen dik- ken Bauch richten zu können — nein, diese Gemeinheit war nicht auszu denken ! Der Schiffer tat seine Ruderarbeit und legte endlich, ganz eingehüllt in dicke Nebelmauem, wie ein Pirat an seinem eigenen Kutter an. Er versicherte die Jolle an der Ankerkette, dann kletterte er an einem Tau hinauf, kroch gestreck ten Leibes über das Deck und ver schwand im dunklen Bauch seines Fahr zeugs. Kein Stuhl, kein Licht, kein Tabak! Ein Mund voll Priem — das war die ganze Unterhaltung. Und diese infamige Kälte! Die Turmuhr schlug von Altona her, und jeder Viertelstunden-Schlag hallte bis in das dunkle Loch hinein. Hinnerk Weißblank klappte die Augen deckel zu. Beide Fäuste hatte er in die Taschen gewühlt und die Beine weit vorgestreckt. Um Mitternacht schreckte ihn der Stundenschlag auf. Mit beiden Fäusten fuhr der Fischer sich in die Augen und rieb den Schlaf heraus. Wo war er nur? Teufel und Hölle — seit zwei Stunden lag er jetzt in der dun keln Bünn, steif gefroren an allen Glie dern, und der Fischdieb lachte ihn aus! Da schlurfte aber etwas über die Deckplanken! „Aha, das bist du ja wohl, mein Jung!“ dachte Hinnerk Weißblank und richtete sich halben Leibes auf. „Hast die Gespensterstunde wohl abwarten wollen, du Schlaumeier? Tjawoll! Das