Till Bruttel, Chup Friemert; Hamburg HAVANNA 78 Welche Ästhetik entsteht, „wenn sie die Massen ergreift"? Die Keramikerin Till Bruttel und der Designtheoretiker Chup Friemert be schreiben, wie sie Havanna während der XI. Weltfestspiele erlebt haben. Havanna hat sein Festkleid angelegt. Oft konnte man diesen Satz in der Be richterstattung über das Festival lesen. Ein Festkleid anlegen, das mag für eine Dame zutreffen. Für Havanna trifft es nicht zu. Festkleid impliziert Besse res als am Werktag, hat auch eine An spielung auf Verkleidung. Havanna verkleidet sich nicht, schließlich gilt es, ernste Dinge zu verhandeln. Die Stadt ist für die XI. Weltfestspiele der Jugend und Studenten gestaltet, zum Teil auch umgestaltet. Das stimmt. Aber sie ist nicht mit einer aufwendigen Sonder ausstattung versehen, die anschließend demontiert und weggeworfen wird. Es sind keine Kulissen erstellt, in denen sich die Menschen bewegen. Gestaltung für das Festival heißt be sonders Renovierung. Die Arbeiten sind eingebettet in einen langfristigen Zeitplan zur Rekonstruktion der Stadt, der bis ins Jahr 2000 reicht. Die Be wohner Havannas asphaltierten 15 Al leen und 46 Hauptstraßen, errichteten Omnibushaltestellen und sanitäre An lagen, pflanzten mehr als 3 Millionen Bäume und legten Grünanlagen an, rekonstruierten historische Bauten und 1 Platz der Revolution 2-4 Festivalblume: auf der Straße, auf dem Fähnchen, auf dem Kopftuch strichen 9 000 Wohnhäuser neu. Dafür war eine Million Kilogramm Farbe nö tig. Sie wurde den Komitees zur Ver teidigung der Revolution (CDR) zur Verfügung gestellt. Mehr als 300 000 Menschen beteiligten sich. Solche Masseninitiative macht deut lich: Die Kubaner gestalten ihr Festi val. Es wird nachwirken, die Resultate der Anstrengungen bleiben sichtbar. Havanna durchziehen große breite 39