Zitate Es trifft überhaupt nicht zu, daß bisher nur die Massigkeit ästhetisch gute Wir kungen hervorgebracht habe ... In der Antike finden wir neben dem kompak ten, aus Steinblöcken gebildeten Tem pel auch sogleich jene feingliedrigen Metallkonstruktionen, wie sie uns in den allerzierlichsten Bronzekandela bern und Metallmöbeln der pompeja- nischen Funde entgegentreten . . . . . . wir bewundern eher ein feines chirurgisches Instrument wegen seiner Eleganz, ein Fahrzeug wegen seiner gefälligen Leichtigkeit, eine sich über den Fluß schwingende Stabbrücke we gen ihrer kühnen Materialausnutzung. Hermann Muthesius, 1913 Ruhebett, um 1815/20 Ruhebett, um 1815/20 Die Maschine, welche unser Leben frißt, ist aus Metall und Glas gebaut, und da baust du uns auch noch unsere Möbel aus Metall und Glas. Gerade sogut könntest du einem Kuli, der beim Kahnschleppen mit Lederpeitschen ge peitscht wird, Stühle anbieten, deren Sitze aus Lederriemen geflochten sind. Vielleicht ist wirklich schön, was nützlich ist, aber dann sind unsere Maschinen nicht schön, denn sie sind für uns nicht nützlich. Bertolt Brecht, nach 1930 Wer diese Stahlrohrstühle einmal in der Hand gehabt hat, weiß außerdem ihr geringes Gewicht zu schätzen, sie sind mit Leichtigkeit von einer Stelle auf die andere zu transportieren, und da sie am Fußboden keine Kratzer verur sachen, braucht man sie nicht einmal zu tragen, sondern kann sie mit einem Finger hierher und dorthin schieben. Das entspricht der Beweglichkeit des Menschen von heute, der viele Stunden seines Lebens regelmäßig auf der Eisenbahn, auf der Elektrischen, im Auto, auf dem Fahrrad zubringt und sich weit von der Seßhaftigkeit. . . eines Bauernvolkes entfernt. Albert Sigrist (Alexander Schwab), 1930 Es war die Gründerzeit, und das Mobi liar war so unsolid, so wenig haltbar wie diese. Man drückte auf eine Cre- denz, und sie krachte zusammen. Richard Muther, 1901 Canapee, um 1815/20 Das Bedürfnis nach freierer Beweglich keit, das für den modernen Menschen kennzeichnend ist, läßt ihn auch jenen Hang zum Uberstabilen ablegen, von dem unsere Vorfahren besessen waren, und der in der Pseudostabilität der burgenmäßigen Wohnbauten von frü her und heute seinen Ausdruck fand. Er will . . . die Möbel leicht — nicht als Barrikaden. Je leichter sie sind, desto weniger stören sie im Raum. Werner Gräff, 1931 Alle beharrenden und in dieser Behar rung zunächst hochgeachteten Formen (Indien, Ägypten, China) sind Formen der Seßhaftigkeit. Von der Langsamkeit des Kreislaufs ihrer Bewegungen kann man auf ihre Stagnation im Wirtschaft lichen schließen . . . Als die seßhaftesten und beharrend- sten Kulturen erscheinen in der älteren Geschichte Indien und Ägypten. Der Materialreichtum des Landes entschei det hier die Form der Selbstgenügsam keit. Lu Märten, 1924/1949 Perspektivstudie, um 1820