Reifen mit der Poftkutfche Ein Ungar kam in Wien in einem großen Gasthause angefahren, wo links und rechts Speisezimmer waren. Unter dem Haustore fragte ihn der Kellner: Werden Euer Gnaden enten oder drenten speisen? und deutete auf die beiden Speise zimmer (Enten heißt im österreichischen Lokaldeutsch: herüben und drenten- drüben.) Enten, dachte der Ungar, hab’ ich schon zu Mittag gegessen, und antwortete also dem Kellner: Lieber Freund! Werd’ ich drenten speisen, er meinte nämlich drenten heiße eine Speise. So belieben Euer Gnaden hier herein zu spazieren ver setzte ihm-der Kellner und öffnete ihm das Speisezimmer links. Kaum saß er da so fragte der Kellner dieses Zimmers: Was befehlen Euer Gnaden zu speisen> Hab’ ich schon drenten angeschafft, erwiderte der Ungar. So müssen Euer Gnaden in das Speisezimmer gegenüber gehen, war des Kellners Antwort. Kaum dort angelangt ging es ihm ebenso wie hier, und bald hätte der arme Ungar weder enten noch drenten etwas zu essen bekommen. („Anekdoten von Scherz und Ernst.“ Stuttgart 1837.) ♦ Ein Kaufmann aus dem Schwabenland schickte einen jungen Diener nach Italien seine Geschäfte einesteils darin auszurichten. Dem Jungen aber kam es sehr Übel an- denn er war des Welschen gar nicht kundig. Er kam in eine Stadt, darin konnte er sich gar nicht erfragen aus Mangel der Sprache. Nun hätte er sehr gern gegessen und wußte nirgends ein Wirtshaus. Von ungefähr begegnete ihm ein Deutscher, den er kannte er an seiner Kleidung; er grüßte ihn auf gut deutsch. Dieser dankte ihm gar freundlich. Also bat er ihn, er sollte ihm ein Wirtshaus weisen. Der gute Geselle war ganz willig, sagte ihm, wenn er stracks vor sich ginge die lange Gasse hinauf, würde er einen gemalten Schild vor der Herberge hangen sehen; daselbst sollte er einkehren, denn er fände gute Herberge, Als er aber die Gasse hinaufging, sah er vor einem Scherhaus einen gemalten Schild hangen. Er meinte, es wäre das Wirtshaus, von dem ihm gesagt war und zog hinein. Sobald er in die Stube kam, stand der Meister und die Knechte gegen ihn auf, meinten, er wollte Waschen oder Scheren. Als sie ihn aber in Welsch fragten, was ihm angelegen wär, deutete er auf den Mund mit der Hand, meinte, er wollte gern essen. Die Scherer aber verstanden, er litte Schmerzen an einem Zahn, den selben wollte er ausbrechen lassen. Bald setzte man ihm einen Stuhl hin und ein Kissen darauf und hieß ihn niedersitzen; sogleich kam der Meister mit seinem Instrument und wollte ihm gleich damit ins Maul. Da der Junge solches merkte, unterstand er sich zu wehren. Der Meister befahl den Knechten, sie sollten ihn halten, denn er litte großen Schmerz an den Zähnen. Also warfen sie ihn zurück und brachen ihm wider allen seinen Willen einen Zahn aus. Derlialben ist es nicht gut, in ein jedes Wirtshaus einzukehren. (Altdeutscher Schwank.) ♦ Ein junger Mensch rief aus, als er das erste Mal des Rheinstroms ansichtig ward: „Da sey Gott gelobt, daß ich das Wasser einmal sehe, aus welchem man den guten Rheinwein macht.“ (Anekdoten, 1837.) 46