der grössten Zeichner jener Zeit verband sich mit der neuen Erfindung und sprach sich mit unvergleichlicher Energie im Holzschnitt aus, während der Schriftgiesser, noch unter dem Einfluss eines grossartigen überlieferten Stiles der Handschrift, sich in vollkommener Harmonie mit Zeichner und Illustrator befand. Selbst geometrische Figuren wurden gegeben, ohne die Einheit der Buchseite zu zerstören, wie man an den älteren Ausgaben des Euklid beobachten kann, und wir haben gesehen, was für charak teristische, treue Darstellungen von Tieren und Pflanzen ohne Einbusse an künstlerischer Kraft und dekorativem Gefühl geschaffen wurden. Dieses glückliche Gleichgewicht künstlerischen Wertes und praktischer Zweckmässigkeit blieb nicht über die Mitte des Jahrhunderts hinaus bestehen. Es gab Zeichner, wie Oronce Fine und Geofroy Tory in Paris, welche sich bemühten, in Druck und Verzierung die Ueberlieferungen der älteren italienischen Drucker festzuhalten, während sie noch einen Hauch von Phantasie und Anmut aus ihrem Eigenen hinzufügten. Aber im grossen Ganzen ging es abwärts mit dem Geschmack der Buchillustratoren. Der klassische Einfluss, der sich bisher nur als einer unter vielen anderen Einflüssen fühlbar gemacht hatte, gelangte mehr und mehr zur Herrschaft über den Zeichner und triumphierte über das naturalistische Verständnis, sowie über die gotischen und orientalischen Ueberlieferungen. Man könnte sagen, dass, während die Künstler des Mittel alters nach Farbe und dekorativer Schönheit strebten, die Zeichner der Renaissance von der Rücksicht auf Linie, Form und Relief beeinflusst wurden. Das mag grossen- teils seinen Grund darin haben, dass der Einfluss der klassischen und antiken Kunst wesentlich von der Bild hauerei ausging, von Statuen, Reliefs, Gemmen, Medaillen und architektonischem Bildwerk, und dass er mehr aus 153