„Ut probus & doctus reddar.“ Zum Anteil der Theologie bei der Schulausbildung Johann Sebastian Bachs in Eisenach, Ohrdruf und Lüneburg* Al Von Martin Petzoldt (Leipzig) I Als der Leipziger Amtsnachfolger Bachs, Gottlob Harrer, nach nur fünfjähriger Tätigkeit am 9. Juli 1755 gestorben war, fand sich unter den Bewerbern * 1 auch Carl Philipp Emanuel Bach. In der entscheidenden Ratssitzung am 26. Septem ber 1755, in der jedenfalls C. P. E. Bach abgelehnt wurde, stand wiederum die leidige Schulfrage im Mittelpunkt: .Wegen Bachens habe Er eine Recommendation von Thelemannen aus Hamburg bekom men, es könne aber derselbe bey der Schule keine Dienste thun, welches doch nothwendig erfordert werde.“ 2 Es schien sich tatsächlich nichts verändert zu haben, denkt man an das Ringen des Rates während der Vakanzzeit nach Kuhnaus Tod. Schon damals stand dieselbe Frage mit vergleichbarer Dringlichkeit auf der Tagesordnung. Um so mehr muß nun die Wahl Johann Friedrich Doles’ verwundern, da für ihn eigentlich noch erschwertere Umstände galten als für C. P. E. Bach. Der „Herr ViccCanzler und Bürgermeister D. Born danckte dem regierenden Herrn Bürger meister vor die Bemühung und ist der Meinung ad 1. daß das Cantorat auf vorigen Fuß, wie bey Herrn Kunauen gesezet werde und der neüe sowohl die Music als auch die Infor mation beobachte, immaßen bey Herrn Bachen viele Desordres vorgegangen.“ 3 Damit wird am 1. Oktober 1755 die Verfahrensweise des Rates bestätigt, die zur Ablehnung C. P. E. Bachs geführt hatte. Als jedoch Doles am 18. Novem ber 1755 dem Konsistorium präsentiert werden soll, muß der designierte Super intendent D. Johann Christian Stemler (Nachfolger Salomo Deylings) auf eine Änderung des Anstellungsverfahrens votieren: „Nachdem das Cantorat bey der Schule zu S. Thomas allhier durch das im Monat Jul. d. J. erfolgte Ableben Herrn Gottlob Harrers erledigt worden ist, und E. Ew. und Hochweiser Rat der Stadt Herrn Johann Friedrich Doles, welcher zu Steinbach im Hennebergischcn gebohren, zu Schleußingen die humaniora studieret und allhier acht Jahr iura tractiert, bis her aber 10 Jahr das Cantorat zu Freyberg verwaltet hat, an dessen Stelle erwehlet hat: als auch derselbe Euch zum examine gehörig praesentiret. Da auch derselbe auf die Theo logie sich besonders nicht geleget, und in der Schule nur die ersten Anfangsgründe der La tein. Sprache zu lehren hat, weßwegen er mit dem zum Cantoramte nach Fremdiswalde berufenen Candidaten Oschatz füglich nicht examiniert werden kan: Als stelle zu Ew. Ent- * Der vorliegende Beitrag ist der Vorabdruck eines Teiles aus einer umfangreicheren Arbeit zum Thema ..Theologie im Rahmen der Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs“. 1 Zu den Mitbewerbern vgl. A. Schering, Johann Sebastian Bach und das Musikleben Leip zigs im 18. Jahrhundert. Der Musikgeschichte Leipzigs Dritter Band von i~jii bis 1800, Leipzig 1941, S. 343. 2 Stadtarchiv Leipzig, Tit. VIII. 66, fol. 98r. 3 Dok III, Nr. 671.