Gcorcs Chriftian Lehme/ ein Tcrtbichtcr Johann Sebaftian Bache Von Elisabeth Noack (Darmstadt) Bei Abfassung des Taschentextes zu einer Schallplatte 1 mit Christoph Graupners Kantate „Mein Herz schwimmt in Blut“ konnte ein kürzlich erst in der Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt aufgefundener Kan tatenjahrgang des Darmstädter Hofpoeten Georg Christian Lehms von 1711 herangezogen werden. Friedrich Noack hatte bereits 1916 bei der Prüfung der Graupnerschen Kantaten vermutet, daß nach dem stilistisch einheitlichen Gepräge der Texte von 1711 und der folgenden Jahre ein solcher Lehmsscher Jahrgang vorhanden gewesen sein mußte. 2 Die Durch sicht des neuentdeckten Bändchens brachte nun die Bestätigung, daß Lehms, wie Noack angenommen hatte, der Autor des auch von Bach vertonten Textes „Mein Herz schwimmt im Blut“ ist. Bei weiterer Prüfung ergab sich dann, daß nicht nur die Darmstädter Kapellmeister Christoph Graupner und Gottfried Grünewald von Pfing sten 1711 bis zum Ende des Kirchenjahres 1712 diese Sammlung weitgehend benutzt hatten, 23 sondern daß auch J. S. Bach Gefallen daran fand und noch weitere neun seiner bekanntesten Kantaten auf Lehmssche Texte schrieb. Der Titel der im Oktavformat sorgfältig gedruckten Sammlung lautet: Gottgefälliges Kirchen Opffer / In einem ganzen Jahr Gange Andächtiger Betrach tungen I über die gewöhnlichen Sonn und Festtags Texte / GOtt s;u Ehren / und der Darmstättischen Schloß Capelle / %u seiner Früh und Mittags Erbauung ange- spündet Von M. Georg Christian Lehms / Hochfürstl. Hessen Darmstädtischen Bibliothecario. Darm Stadt / D ruckts Johann Levin Bachmann / Hochfürstl. Hoff Buchdrucker ijii. Die Widmung an Landgraf Ernst Ludwig ist erst am 23. November 1711 unterzeichnet, während die Texte augenscheinlich vorher dem Manuskript entnommen worden waren. In der Vorrede nennt Lehms die Musik „die alleredelste unter den Künsten“ y denn sie stärke die ,,Regungen %ur Buße... durch einen beweglichen und affectueusen Kirchen-Text / den die Music recht lebendig vor stellet.“ Und so gibt er den Jahrgang in Druck, „damit ein jedes den Text / welcher musiciret wird / vor Augen habe / und sich denselben recht in seine Seele fassen könne; da sonst allein die Harmonie der Instrumenten gehöret / das Her ff aber nicht durch die Kr afft der gesungenen Worte erquicket wird / oder sich solche %u seinem Nutzen anwenden kan.“ 1 Geistliches Konzert Darmstädter Meister des 17.—20. Jahrhunderts. Pelca Schallplatte PSR 40517. 2 F. Noack, Christoph Graupners Kirchenmusiken, Leipzig 1916, S. 14. 2a Graupner komponierte 47 der Lehmsschen Texte von 1711, 16 im selben Jahr, 31 im folgenden Jahr. Während die Kantaten Grünwalds nicht erhalten sind, konnten die Kantaten Graupners über den Krieg hinweg gerettet werden. Ein genaues chronolo gisches sowie ein alphabetisches Verzeichnis der Kantaten Graupners finden sich in: Noack, Christoph Graupner als Kirchenkomponist, Leipzig 1926, 2. Aufl. Wiesbaden i960.