Wie entstand Hans Georg Nägelis Bach-Sammlung? 9 1 4 Abtheilungen von Thomasschülem welche in den 4 Stadtkirchen kantoriren müßen jeden Gottesdienst, nach dem Praeludio des Organisten, mit einer 5 bis 8-stimmigen Motette, ganz allein ohne Orgel, anfangen müßen. Noch kann ich eines 5—6 stimmigen Meisterwerkes von Bach nicht vergeßen, welches ich schon vor 40 Jahren am ersten Weihnachts-Morgen um 7 Uhr, in der noch ganz finsteren Nikolaikirche, vom Chor herab, habe singen hören. 50 Eine gewiß nicht kleine Sammlung von alten und neuen Motetten muß auch die Kreutzschule zu Dresden besitzen, deren Cantor, Herr Weinlich, als ein guter und behülflicher Mann, Ihnen gewiß damit aushelfen wird. Von Stoelzel habe ich zwar mehr als einen Jahrgang Kirchenstücke mit dem vollen Orchester, aber nichts für Singstimme allein. Ernst Ludwig Gerber Am 8. Juli 1811 teilt Gerber einige Stölzelsche Chöre mit und erbietet sich, in der dunklen Kirchenkammer, unter dem Stoß von einem langen doppelten Kirchen jahrgange, danach %u suchen. (ZZ Ms Car XV 200a, Bl. 21). Mit Carl Friedrich Zelter hat Nägeli spätestens seit 1808 in Kontakt ge standen. Der früheste Auszug eines Briefes Nägelis an Zelter in Hermann Nägelis Briefkopierbuch (ZZ Ms Car XV 200, Bl. 72) datiert vom 30.6. 1808, enthält aber keinen Hinweis auf Bach. Oder hat Hermann Nägeli entsprechende Stellen unkopiert gelassen? Sonst müßte man auf einen noch früheren Nägeli-Brief schließen. Denn knapp drei Wochen später, am 23. Juli 1808, schreibt Zelter offenbar auf eine ähnliche Anfrage wie die an Gerber gerichtete: [33] (Kopien Hermann Nägelis in ZZ Ms Car XV199, Bl. 6d, und ZZ Ms Car XV 200, Bl. 82) Was die Mittheilung größerer und besonders mehrchoriger Werke betrifft, so will ich gern mit Mancherley behülflich werden, wann ich erst weiß, was Sie schon besitzen, damit Sie nicht Stücke erhalten, die Sie schon besitzen. Die achtstimmigen Motetten des Sebastian Bach werden Sie wohl haben obgleich die Leipziger Ausgabe nicht durch die besten Hände gegangen ist. Von Lotti, Benevoli, Cannicciani, Valotti, Haendel, Hammerschmidt, Rosenmüller, und anderen mehr be sitzen wir noch Manches. Andre Stücke von Fasch, Reichardt, Naumann, Hayden, Schulz, Seidel, Tonelli, C. Ph. E. Bach, S. Bach, Händel etc. sind entweder als Unica der Sing-akademie anzusehen. Oder aber von mir zu unseren Zwecken ä Capelia einge richtet, und diese würden nur gegen honorierende Bedingungen überlaßen werden können. Von der letzten Art sind etwa: Bachs Heilig für drei Singchöre, Händels großes Te Deum auf den Utrechter Frieden für 2 Chöre, Schulzens Hymne ,,Zu Zions Höhen hin“ für 2 Chöre, Haydns Gloria aus B-Dur für 2 Chöre, u. a m. All diese Sachen können ohne Instrumente, mit einem bloßen Continuo (auch ohne denselben) an jedem großen Orte aufgeführt werden und vertragen eine starke Besetzung, auch sind in allen Stücken Solo Partien. Die Abschriften können nur durch unseren Copisten gemacht werden, weil ich nichts 50 Vgl. NTL, Bdll (Teil 1), S. 222 f. Liier datiert Gerber dasselbe geschilderte Erlebnis auf 1767, ohne Erwähnung der Nikolaikirche.