Zur €ntftehungegefchichte öcö „Hochzeitequoölibet" (BWV524) Von Günther Kraft (Weimar) I. Als Veröffentlichung der Neuen Bachgesellschaft, Jahrgang XXXII,2 er schien im Jahre 1932 unter dem Titel Joh. Seb.Bach —Quodlibet — Ein Frag ment für vier Singstimmen mit Generalbaß eine weltliche Komposition, deren Form und Inhalt eindeutig in die Nachbarschaft Johann Sebastian Bachs verweisen. Max Schneider hat im Titel und Vorwort dieser Veröffentlichung die Frage der Autorschaft Bachs nur bedingt aufgeworfen, indem er das aus der Sammlung Gorke stammende Werkchen als Geschrieben von Job. Seb. Bach bezeichnet. (Bekanntlich fehlen Titel- und Schlußblatt.) Er konnte indessen die Komposition — auf Grund übereinstimmender Merkmale in Schrift, Papier und Wasserzeichen — in die Nähe der Mühlhäuser Ratswechsel kantate BWV 71 (vom 4. 2.1708) und auf Grund der textinhaltlichen Aus sage in Beziehung zu „Sebastians eigner Hochzeit“ (17.10.1707) stellen. Weiterhin hat er wertvolle Hinweise auf den volkskundlichen Gehalt des „Hochzeitsquodlibets“ gegeben (das Spinnrad als Hochzeitsgut; das studen tische „Convivium“ in Verbindung mit der Hochzeitsfeier). Die Frage nach dem Sinn der das Quodlibet durchziehenden Fabel von der tragikomischen Backtrogfahrt blieb offen, wenn sich auch später einige Deutungsversuche von anderer Seite 1 anschlossen. Andere Feststellungen Schneiders zielen auf den engsten Verwandtenkreis des jungen Sebastian (Salome Wiegand, Joh. Seb.Bachs Schwester: „Ei, wie sieht die Salome so sauerum den Schnabel. Joh. Andreas Wiegand, Joh. Seb.Bachs Schwager in Erfurt: „Meister Kürschner, habt ihr keine Füchse mehr . . .“; Onkel Tobias Lämmerhirt in Erfurt (gest. 10.8.1707): „Ei, da will der Trauermantel gar nicht dazu klappen . . .“ u. a.). Schließlich weist Max Schneider auf die Frage nach der Person des „Dominus Johannes“ hin und wirft eine weitere, ungeklärte Frage auf nach dem Teilnehmerkreis, den wir uns in der Form eines musi kalischen Conviviums, einer musizierenden und singenden Hochzeitsgesell schaft aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis des jungen Sebastian vor stellen müssen. 2 Der folklore Grundzug dieser Komposition, mit volksliedhaften und volks tanzmäßigen Elementen sowie zahlreichen bäuerlichen Zitaten im Libretto („wie Goldschmieds Jung“ = thüringische Redensart; „große Bauern — große Flegel“; „große Goschen —große Zähne“; „reißen ihre Goschen auf fast alle Bauernlümmel“; „. . . Käs’ und Butter“ u. a. m.) wird durch die Fabel von einer Backtrogfahrt „über den großen Teich“ eingeführt, mit ,,schwimmenden Schlössern auf der See“. Auch hier sind — wie Max 1 Vgl.BJ ,935ff. 2 Eine Tradition hierfür schufen zweifellos die musikalischen Familientage der „Bache“.