Marhgraf Chriftian Luöroig von ßranöenburg Von Heinrich Besseler (Leipzig) Der Auftraggeber der Brandenburgischen Konzerte darf in Bachs Bio- graphie einen ehrenvollen Platz beanspruchen. Denn für diesen Mann hat der Meister den berühmten Zyklus eigenhändig abgeschrieben, insgesamt 84 Seiten Partitur, am 24. März 1721 eine Widmung vorangestellt und das ganze nach Berlin gesandt. Seitdem ist die Widmungspartitur in Berlin ver blieben. Sie gehört als Handschrift Am.B. zu den Kostbarkeiten der Deutschen Staatsbibliothek, wurde zum Jubiläumsjahr 1950 in einer schö nen Faksimilieausgabe veröffentlicht und ist dadurch zahlreichen Bachver ehrern vertraut. 1 Nun liegt seit 1956 auch der Neudruck der Brandenburgischen Konzerte im Rahmen der Neuen Bach-Ausgabe vor. 2 Hier gibt der zugehörige Kritische Bericht einen Überblick über das, was man heute von dem Zyklus und von seiner Entstehung weiß. Es handelt sich um ein stark verändertes Gesamt bild, vor allem deshalb, weil das Aktenmaterial vom Köthener Hof jetzt endlich erschlossen ist. Die früheren Bachbiographen konnten nur wenig davon benutzen. Auch über Markgraf Christian Ludwig liegt der Hauptteil des Quellenmaterials erst jetzt vor. Es konnte in der Neuen Bach-Ausgabe nur zum kleinsten Teil veröffentlicht werden, weil es den Rahmen eines Kritischen Berichts gesprengt hätte. Immerhin enthält es Dinge, die nicht nur biographisch, sondern auch für die Musikgeschichte der Bachzeit von Interesse sind. So möge denn an dieser Stelle zusammenfassend über den Auftraggeber der Brandenburgischen Konzerte berichtet werden. Was man bisher von dem Markgrafen wußte, beruht ausschließlich auf den Angaben Philipp Spittas im ersten Bande seiner Bachbiographie (1873). Weder die Biographie von Terry noch Smends Werk über Bach in Köthen bringen in diesem Punkt Neues. Spitta selbst bedauerte die Spärlichkeit seiner Angaben: „Das wenige, was ich über den Markgrafen Christian Lud wig mitteilen kann, sind Ergebnisse meiner im königl. Hausarchiv in Berlin angestellten Nachforschungen.“ Sie seien zunächst im Wortlaut zitiert (Bd. 1, S.736f.): „Der Markgraf, zugleich Dompropst von Halberstadt und unvermählt, lebte abwechselnd in Berlin und auf seinen Gütern in Malchow, neben dem gewöhnlichen ritterlichen Zeit vertreib der Wissenschaft und der Kunst, vor allem der Musik ergeben, und hierfür seine bedeutenden Jahreseinkünfte verbrauchend (sie beliefen sich zeitweilig auf ungefähr 48945 Thaler, womit er aber nicht immer ausreichte). Im Frühjahre 1721 verweilte er in Berlin, und dorthin wird Bach jene sechs Concerte gesendet haben, mit denen er sich unter dem 24. März des ihm gewordenen ehrenvollen Auftrages entledigte. Die französische Fassung der Dedication, in welcher er die Veranlassung zu diesen Compositionen an- giebt, dürfte von einem Cöthener Höfling herstammen. Er selbst war des Französischen 1 J.S.Bach, Brandenbitrgische Konzerte, Faksimile mit Nachwort von P.Wackernagel, Leipzig, Peters (1950). 2 J. S.Bach, Sechs Brandenbitrgische Konzerte, hrsg. von H.Besseler, NBA Serie VII, Bd. 2, Kassel und Leipzig 1956.