70 Lic Dr. Markgraf welches den gütlichen Austrag herbeiführte, aber der Ver treter der Niedergerichtsbarkeit für das Dorf. Ferner kommt in Betracht, dass sich die Geschädigten zu gütlicher Bei legung verstanden haben. Im Jahre 1550 hatte in Förstgen hei Grimma der Schänkwirt einen erstochen. Er wandte sich an den Advokaten und Bürgermeister in Grimma; und dieser erlangte bei dem Schulverwalter, dass er den Kläger, des Getöteten Vater und dessen Freunde (Verwandtschaft) bestimmte, den Schuldigen die Sache gütlich abtragen zu lassen 1 ). Ein singulärer Fall ist mir aus Kleinpössna (1521) be kannt. Ein 18—19 Jahre alter Bursche hatte einem Bauer Rock, Hosen, Stiefeln, Joppe, 5 Groschen bar Geld und was er sonst hatte wegbringen können, gestohlen. Er hatte das Leben verwirkt. Aber wegen seiner Jugend und des geringen Wertobjektes war der Gerichtsherr (Propst des Thomasklosters in Leipzig) zur Begnadigung geneigt. Auch der Bestohlene liess sich zur Milde bestimmen und erklärte sich mit der Begnadigung einverstanden. Aber hier waren es die Ver wandten, die sich nicht zur „Barmherzigkeit“ bewegen Messen. Sie hatten gar keine Hoffnung auf Besserung und sagten, der Dieb habe gedroht, ihnen die beiden besten Pferde zu stehlen. Gegen ihren Willen erfolgte Begnadigung. Wichtig ist für uns hier, dass der Gerichtsherr zu mil derer Beurteilung geneigt war und der Bestohlene selbst sich ebenfalls zur Milde bestimmen liess. Formell-rechtlich angesehen liegt nicht gütlicher Austrag eines Rechtsstreites, sondern Strafmilderung bei einem Kriminalvergehen vor. Kehren wir noch einmal zurück zur Vorliebe für güt liche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten. Es verdient hervor gehoben zu werden, dass auch die landesherrliche Gesetz gebung das gütliche Verfahren wiederholt angeordnet hat. So bestimmt die Prozess- und Gerichtsordnung v. J. 1622 2 ) ’) Lorenz, Gesell, der Stadt Grimma 1856 S. 1213ff. 2 ) Cod. August. I 1068.— Vgl. auch ebenda I 215 (1661): Weil vermöge unserer Gerichtsordnung die Sachen nicht leichtlich und ohne Unterschied zum Prozess zu weisen, sondern vielmehr immer möglich.