2 Zum Geleit »Die Schweiz und Sachsen« scheint auf den ersten Blick keines der brennenden Themen der Gegenwart zu sein. Es ist freilich ein Thema gelebter Normalität europäischer Integration, und es ist ein Thema mit erstaunlicher historischer Dimension. Deshalb freue ich mich, dieser Ausgabe der Dresdner Hefte ein paar einleitende Gedanken voranstellen zu können. Wer sich mit den kulturellen Verbindungen unserer beiden Länder in der Vergangenheit beschäftigte, weiß um viele gegenseitige Stimu lanz. Die Dresdner Hefte sind diesen Spuren nachgegangen, begin nend mit dem Einfluß der Lutherschen Lehre auf die Züricher Re formation, über die beiden großen Schweizer Maler Graff und Zingg in Dresden bis zur Ausstrahlung der Reformbewegung des Monte Veritä am Lago Maggiore auf Hellerau, in dem der Genfer Tanzpädagoge Emile Jaques-Dalcroze 1910 sein berühmtes Institut fiir Rhythmische Gymnastik gegründet hat. Die Schweiz, als eine der ersten bürgerlichen Demokratien, hat immer starke Signale für die europäische Entwicklung geliefert - auch für Sachsen. Für viele Flüchtlinge des gescheiterten Dresdner Maiaufstandes von 1849 wurde sie zum Ort des Exils und neuer Arbeit - Wagner und Semper sind ihre prominen ¬ testen Vertreter. Neben diesem geistigen Austausch standen seit dem 19. Jahrhundert auch der Tourismus und Handelsverbindungen. Die landschaftliche Schönheit der Schweiz ist von sprichwörtlichem Reiz, ihr Bankwesen und ihre Industrie sind von großer Anziehungskraft für die Wirtschaft. Sachsen sucht darum heute - selbst mitten in einem kräftigen Modernisierungsprozeß begriffen - inten siven Kontakt mit der Schweiz. Rund 130 schweizerische Firmen haben gegenwärtig Niederlas sungen in unserem Freistaat. Daß das Schweizerische Generalkonsulat für Sachsen, Sachsen-An halt und Thüringen seinen Sitz in Dresden genommen hat, ist uns ein wichtiges Signal. Seine Mitarbeiter, und besonders Herr Generalkonsul Hans Dürig, leisten seit Jahren wichtige Ver mittlung fiir lebendige Kontakte in Wirtschaft und Kultur. Ganz außerordentlich war die Hilfe der Schweiz nach der Elbeflut vom Sommer 2002, die sich auch heute noch in verschiedenen Pro jekten fortsetzt. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Schließlich danke ich den Dresdner Heften, die mit ihren Editionen zu »Sachsen und Europa« ein aufschlußreiches historisches Panorama entwickelt haben, für die Initiative, nunmehr die Beziehungen zur Schweiz einem großen Publikum nahe zu bringen. Wir wissen: Nur wer die Ver gangenheit kennt, wird mit den Anforderungen der Gegenwart intelligent umgehen können. Georg Milbradt Ministerpräsident des Freistaates Sachsen