Die Stadtrechnung kann in diesem Zusammenhang uns zeigen, inwieweit es dem Menschen des 15. Jahrhunderts gelingt, eine grofse Menge einfacher Tatsachen darzustellen und zu sammenzustellen. Es sind also in diesem Sinne zwei Aufgaben, die der Stadtschreiber in seinen Aufzeichnungen zu erfüllen hat: Er mufs jeden Eintrag charakterisieren und zweitens möglichst viele gleichartige Einträge zusammenzuziehen suchen, soweit möglich unter Zuhilfenahme äufserer statistischer Darstellungs formen. — Wie wird der Stadtschreiber diesen beiden For derungen gerecht? Merkwürdig ist die Art, wie er Ausgaben und Ein nahmen im einzelnen charakterisiert. Es handelt sich dabei um Herausbildung fester Begriffe, um eine konsequente An wendung von terminis technicis. Diese entnimmt er der lateini schen Sprache — unbekümmert darum, ob der übrige Teil des Eintrages deutsch oder ebenfalls lateinisch abgefafst ist. Wir verstehen, was den Schreiber zu dieser Lösung der Auf gabe veranlassen konnte: Die tote lateinische Sprache hat nicht die der Ausbildung konstanter Begriffe hinderliche Flüssigkeit der lebenden Sprache, und dazu erlaubt die schrift- mäfsige Beherrschung der lateinischen Sprache in orthogra phischer Gewohnheit eine viel stärkere Anwendung der ge bräuchlichen Abbreviaturen. Die Schriftbilder der termini technici prägen sich bald dem Gedächtnis ein, so dafs es möglich ist, bei raschem Überfliegen einer Seite sofort den Inhalt aller Einträge zu erkennen. Einige Beispiele mögen das Gesagte erläutern. Unter den mit dem gemeinsamen Begriffe „angaria“ bezeichneten Ein nahmen finden sich Einnahmen verschiedensten Charakters. Der Anfang jeden Eintrages wird kenntlich gemacht durch das formelhaft wiederkehrende, zumeist am Zeilenanfange stehende „item“. Der Name des Zahlenden, die Zeitangabe und andere Angaben sind in wechselnder Form, bald lateinisch, bald deutsch angegeben; dagegen erscheint die Art der Einnahme regelmäfsig mit demselben Worte bezeichnet: pro concivio, pro jure fori, pro censu etc. dedit. Die angewandten termini technici sind fast durchgängig durch die Rechnungen des ganzen Jahrhunderts dieselben: