55 Der stolze Umsatz ihrer Fabriken hatte den •Landes innerhalb einer Generation einen beachtlichen Wohlstand eingebracht. Anders als der überwiegende Teil der deutschen Juden entschied die Familie, Deutschland schnellstmöglich zu verlassen, so daß Wil helm Lande und seine Frau im Frühling 1933 emigrierten. Die modernen Betriebe Lande und Macedonia wurden im Juni/Juli 1933 von ihrer Tochter Cäcilie an den NS- Funktionär Karl Geissinger verkauft. Dieser »arische« Geschäftsmann behielt fortan aus verständlichen Gründen den Firmennamen Lande bei, denn dabei handelte es sich um eine lukrative Bezeichnung. Die jüdischen Gründer wurden konsequent totgeschwiegen, wie eine Unternehmensbroschüre von 1937 belegt. Darin pries sich Lande als mustergültiger deutscher Großbetrieb und hob besonders die NS-Gefolg- schaft der Arbeiter hervor. 61 Dadurch wurde möglichen antijüdischen Boykotthaltungen der Kundschaft vorgebeugt. Tatsächlich schien ein »jüdisches« Image von Lande nach 1934 keine Rolle zu spielen, denn die Firma machte Profit und produzierte selbst im Krieg über eine Mil liarde Zigaretten jährlich. Lande wurde also »arisiert«, noch bevor man den Druck auf jüdische Unternehmer systemati siert hatte. Obwohl die Gründerfamilie frühzeitig in die USA emigrierte, büßte sie doch das Vermögen ein, da man den Verkaufserlös mit angeblichen Steuerschulden verrechnete. Andere jüdische Unternehmer, die erst später die menschenverachtenden Realitäten erkannten, verloren nicht allein den Besitz, sondern oft auch ihr Leben. - Bis 1942 existierte Lande fort; danach firmierte der Betrieb als Karl Geissinger KG, die das »Dritte Reich« überlebte: Durch die Ver staatlichung seitens der Sowjetischen Militäradministration im April 1948 gingen aus Mace donia GmbH und Geissinger KG der Betrieb Macedonia hervor, der einen Teil des späteren Dresdner VEB VEZIFA bildete. In Westdeutschland dagegen, wohin sich Karl Geissinger gewandt hatte, existierte in der Nachkriegszeit seine Firma in Wiesbaden und dann in Mün chen. - Wilhelm Lande nahm sich 1951 in den USA das Leben. 3. Yramos (1890-1941) Das Beispiel der Familie Lewin, die bereits 1890 in Gollub an der Weichsel eine Tabak- und Zigarettenfabrikation gegründet hatte, illustriert eine andere Entwicklung. 1919 hatte der sich als Deutscher verstehende Julius Lewin (1875-1950) - ein Veteran des Ersten Weltkriegs - vor allem aufgrund wirtschaftlicher Perspektiven die Verlegung seines Betriebes nach Dresden in die Freiberger Straße vollzogen. Ab 1922 hieß die Firma Orientalische Tabak- und Zigaret tenfabrik >Yramos< Julius Lewin. Yramos war »trust- und konzernfrei«, d.h. ein unabhängiges Unternehmen, das sich gegen den Konzentrationsprozeß wehrte. Durch die Etablierung von qualitätvollen Markenzigaretten Reklamebild 1926