56 Volker Ruhland V Militärpolitik und Heeresorganisation 1809 bis 1813 In den Jahren, als die Kriegsfurien das Land überzogen - Sachsen wurde 1812 zum Haupt aufmarschgebiet und 1813 zum Hauptkriegsschauplatz - dominierte das Militärische in der Politik. Generell kann aber gesagt werden, daß das Heerwesen in Sachsen im wesentlichen keine überragende Rolle spielte. Bis 1870 überschritt die Armee nie die Stärke von 30 000 Soldaten." Die Gründe dafür lagen in den Intentionen der einzelnen Herrscherpersönlichkeiten ebenso wie in politischen, öko nomischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten. Ein Ziehkind der sächsischen Politik ist die Armee nie gewesen. 2 ’ Natürlich war sie in das politische System des Staates als einer von dessen Teilen eingegliedert. Sie beherrschte ihn allerdings nicht und war auch nicht dessen Zweck. Die Politiker standen hier über den Militärs, der Landesherr stand an der Spitze einer seit 1763 weitgehend pluralistischen Ordnung. Die politischen Bedingungen nach dem Reta blissement boten Spielräume für das Austragen von Interessengegensätzen. Die geringe Bedeutung des Militärischen schlug sich auch in der Art der sächsischen Außen politik jener Jahre nieder, die weitgehend — bis 1806 — ohne den Einsatz der Armee zustande kam. Außenpolitisch konnten die sächsischen Truppen nur innerhalb einer Koalition - wie 1806 im Rheinbund oder nach 1815 im Deutschen Bund und dessen Bundesherr — wirksam werden. 1. Zu den Heeresreformansätzen 1810-1812 Während die west- und süddeutschen Rheinbundländer und napoleonischen Protektorate in den beginnenden Prozeß der bürgerlichen Umwälzung eintraten, gehörte Sachsen zu den deutschen Staaten, die weitgehend den Charakter einer ständischen Monarchie behielten und eine feudale Beharrungspolitik verfolgten. Der einzige Bereich, in dem Sachsen zu einigen Neuerungen gezwungen wurde, war das Heer wesen. Da es nach den Bestimmungen des Friedensvertrages von Posen vom 11. Dezember 1806 ein Heereskontingent von 6 000 Mann für den Kampf gegen seinen bisherigen preußi schen Verbündeten sowie für jeden weiteren Festlandskrieg Frankreichs ein Kontingent von 20 000 Mann stellen mußte, wurde es notwendig, die spätfeudale sächsische Söldnerarmee