93 Günther Wonneberger Kriegsschäden in den Dörfern um Dresden im April/Mai 1813 In einem Bestand »Grundherrschaft Börthen«, der im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dres den liegt, befindet sich unter Nr. 79 eine Akte aus dem Jahre 1813 mit dem Titel »Proto- coll, die bey denen Dörfern Groß- und Klein-Borthen, Burgstädtel, Wölkau, Sobrigau und Kauscha, Borthener Antheils, erwachsenen Kriegs-Schäden und deren Eingabe betr.« Dem Protokoll lagen die Richtlinien und ein Formblatt zur Erfassung der Kriegsschäden zugrun de, die von der Königlich-Sächsischen Regierung ausgegeben worden waren. Die von den einzelnen Gemeinden mitgeteilten Angaben lassen erkennen, welche Auswir kungen die damaligen Kriegshandlungen auf die Dörfer und ihre Einwohner gehabt haben. Die genannten Dörfer und das Rittergut Kleinborthen blieben zwar von direktem Beschuß, Brand und Plünderung verschont, wurden aber durch befohlene »Spanndienste« und durch angeordnete Lieferung von Naturalien in die Städte Dresden und Pirna stark beansprucht. Besonders negative Auswirkungen hatten die mehrmaligen und je nach Kriegslage wechseln den Einquartierungen größerer Einheiten; die Zahl der Soldaten überstieg oft die Zahl der Einwohner. In dem kleinen Burgstädtel, in dem zu dieser Zeit 15 Häuser (davon 4 Bauern) und insgesamt 65 »Konsumenten« registriert sind, mußten im März und April 1813 mehr mals russische Einheiten versorgt werden; vom 26. bis 28. April z.B. 10 Offiziere, 128 Ge meine und 24 Pferde von der »kaiserlich-russischen Infanterie«. Vom 11. bis 16. Mai waren 82 »kaiserlich-französische Lanziers« mit ihren Pferden einquartiert, die 716 Pfd. Fleisch, 1 752 Pfd. Brot, 1 'U Faß Bier, 324 Kannen »Brandwein«, 54 Kannen Butter sowie reichlich Gemüse und Brennholz verbrauchten. Zur gleichen Zeit war in Großborthen (ca. 20 Güter und Häuser, 130 »Konsumenten«) französische Kavallerie in Stärke bis zu 300 Mann zu ver sorgen, die täglich pro Soldat 2 Pfd. Brot, 1 Pfd. Fleisch, 'h Kanne »Brandwein«, 2 Kannen Bier sowie Grütze, Graupen, Erbsen und Gemüse forderten und erhielten. Hinzu kamen die großen Futtermengen (Hafer, Heu, Gerste) für die Pferde. Den Franzosen folgte eine italie nische Einheit mit 40 Mann und 43 Pferden. Die schlimmen Folgen wurden im Protokoll für die Gemeinde Großborthen am 27. Mai 1813 so formuliert; «... sind wir nicht im Stande die dermalen ausgeschriebenen Lieferungen an Korn, Weizen, Gerste, Hafer, Heu, Stroh, Fleisch, Gemüse, Brandwein usw. aufzubringen, weil unsere Vor- räthe ganz aufgezehrt sind, und um uns herum für Geld keines von diesen aufzutreiben ist, und wir auch kein Geld haben, diese Naturalien anzuschaffen«. Bauern und Gemeindevorsteher verlangten deshalb den Erlaß von Steuern und Abgaben so wie Entschädigung für ihre Verluste. Ob Zahlungen erfolgt sind und Abgaben erlassen wur den, ist aus der hier angezogenen Akte nicht ersichtlich.