PREMIERE IM S C H I N K E L - T H E A T E R Aus der Werkstatt treten wir wieder ins Freie. Über Dresden liegt erster Maiglanz. Webers befinden sich im Aufbruch nach Berlin. Pflichtbesuche sind gewissenhaft abge stattet, Amt und Haus bestellt, die Rollen wie auf dem Theater pünklichst verteilt. Es kostet herzliche Überwindung, Christel, dem dienstbaren Geist, die Obhut über die kleine Tierwelt anzu vertrauen. Nur einer darf im jüngst erstandenen behaglichen Coupe mitreisen: Ali, der Lieblingshund; er weiß es und zeigt den Daheimbleibenden hochmütig befriedigt seine Verachtung . . . Aus solchen anmutigen häuslichen Zügen belebt sich immer wieder die Biographie Webers, auch in entscheidenden Lagen seines Lebens. Freilich beleuchtet schon Max Maria v. Weber die Situation des t. Mai 1821 auch von der psychischen Seite, und das ist hier das Wichtigste: die Leichtigkeit der seelischen Verfassung bei Carl Maria, die unwillkürliche Sorglosigkeit, die wie ein „goldener Grund von froher Ahnung“ den Tag verklärt. Heiter und unbe fangen schreitet man ins Ungewisse. Am 2. Mai früh V29 Uhr ver läßt das Paar Dresden. Über Herzberg, Jüterbog, Treuenbrietzen, Potsdam, Zehlendorf geht die zweitägige Fahrt. Im Hause Behrenstraße 34 steigt man am dritten Tage in Berlin ab. Weber in Berlin: Immer wieder muß man sich den realpoh- tischen Hintergrund der Freischütz-Unternehmung vergegen wärtigen. Man gewinnt einen der besten Einblicke in den Macht bereich der preußischen Theaterintendanz, wenn man die große verdienstvolle Brühl-Biographie von Hans v. Krosigk (1910) zur Hand nimmt, in der zwar erstaunlich wenig vom Kampf und Sieg um den Freischütz zü lesen steht, dafür um so mehr über die geradezu hoffnungslose Position des deutschen Patrioten Carl Graf Brühl gegenüber dem fremden Theatertyrannen Spontini.