DER VERBÜNDETE BEETHOVENS Als erste Stadt nach Berlin brachte Wien den Freischütz her aus. Es war ein Wagnis, dieser Sprung aus dem fritzischen Norden nach dem theresianischen Süden, nach der „unbestrittenen Haupt stadt der musikalischen Welt“. Denn diese Stadt war seit den Kongreßtagen der Hort der Metternichschen Zensur. Der Sprung war um so gefährlicher, als Weber selbst nichts zur Empfehlung seines Werkes tun konnte; seine Mitwirkung bei der Vorbereitung der Premiere im Kärntnertortheater beschränkte sich auf die briefliche Äußerung von Bedenken (am 28. Oktober an Hofrat Mosel wegen geplanter Zensureingriffe) sowie auf Anweisungen an den Freund und Regisseur Friedrich Treitschke, denselben, der durch seine Textbearbeitung von Beethovens Fidelio der Kunst schon einmal einen unvergeßlichen Dienst erwiesen hatte. Genau besehen war es auch nicht mehr das Wien der klassischen Mittags höhe der Musik, in das nun der Freischütz eintrat. Beethoven hatte die Fünfzig überschritten, eine Generation jüngerer Roman tiker sammelte sich um Schubert. Weber bekam bald zu fühlen, daß er dazwischenstand; er galt als ausgeprägter Vertreter der norddeutschen Richtung, die Musikern wie Schubert ganz und gar nicht lag. Aus der geistigen Elite des Vormärz ragte Grillparzer hervor, Weber im Alter näher als die Lachner, Schober, Bauern feld, Kriehuber, Schwind, Kupelwieser, — ihm im Geiste aber ferner als alle diese Freunde Schuberts zusammengenommen. So wußte Weber in Wien zunächst keinen einzigen Verbündeten, dagegen durfte er sich auf alle Arten von Widerständen gefaßt machen. Erst im Frühjahr 1822 kam er selbst nach Wien, als es darum ging, den künstlerischen Boden für die Uraufführung der Euryanthe vorzubereiten, als er der Freischütz-Erfolge schon ein wenig überdrüssig geworden war („Der verdammte Freischütz