Fanatismus gewohnt haben muß, sich selbst und sein Geschlecht zu Herren der Schöpfung hinaufzuzüchten. „Jupiter selig in tausend Gestalten“: diese sinnliche Vehemenz eines Ochs von Lerchenau, vermischt mit dem heiligen Aberglauben an die Möglichkeit der künstlichen Genieerzeugung — erinnern solche Taten und Wunsch gebilde noch an die verwegene Selbstsucht der Cagliostro und Casanova? Und wenn es wirklich eine trübe Erinnerung auszu löschen galt: man brauchte ja nur an die großen künstlerischen Talente der Familie Weber zu denken. Nach Carl Maria v. Webers eindeutigem Zeugnis war sein Vater ein ausgezeichneter Violin spieler. Er hat — ebenfalls nach unzweideutiger Bescheinigung des Sohnes — die Musik durchaus im Sinne einer läuternden Kraft in den Erziehungsplan für seine Kinder einbezogen. Zwei Söhne gab er, wie wir sahen, für gutes Geld zu Joseph Haydn nach Wien in die Lehre. Mag auch die Erziehungsart, die er später bei Carl Maria anwandte, äußerlich nach Wunderkinddressur ausgesehen haben: innerlich war sie auf die heiße Leidenschaft zur Kunst ge gründet. Und eigentliche Renommisterei kam wenigstens in den Anfängen auch nicht in Frage, sonst hätte Carl Maria seinem Vater keine solch leuchtende Dankesurkunde ausstellen können: „Die eingezogene Weise, in der meine Familie lebte, der stete Um gang mit erwachsenen gebildeten Menschen, die ängstliche Vor sicht, mir keine andere verwildernde Jugendgesellschaft zuzulassen, lehrten mich früh, mehr in mir selbst und in der Phantasiewelt zu leben, und in ihr meine Beschäftigung und mein Glück zu suchen...“ Wie war es zu dieser Blüte der künstlerischen Begabung in der Familie Weber gekommen? Wir wissen, daß Fridolin Weber, der Großvater Carl Marias, das achte Kind eines Müllers aus Stetten, ein sehr musikfreundlicher Mann war. In ihm drängte das Blut des Stammes erstmals zu einem phantasievolleren Dasein. Frido lin befreite sich aus kleinbürgerlicher Enge, sah als philosophischer Bakkalaureus und Kandidat beider Rechte in Freiburg etwas von der großen Welt, verliebte sich in die Tochter des Perückenmachers