ÜBER DEN ZEITEN Unser Weg ist zu Ende. Wir haben es unternommen, die Welt einer deutschen Oper zu durchwandern, immer mit dem Blick auf ihren Schöpfer, auf Carl Maria v. Weber, den Meister des Freischütz. Wir sahen, aus welchen Kräften diese Welt erwuchs: aus dem Erbe der Ahnen, aus dem Boden des Volkstums und der Nation, aus der Landschaft einer deutschen Stadt, aus den Ge sinnungen einer Zeit und nicht zuletzt aus der häuslichen Ordnung eines besonnenen Glücks, einer verstehenden Liebe. Im Laufe unserer Untersuchungen konnten wir in die geheimnisvollen Tiefen des schöpferischen Genius blicken, wir durchstreiften im Verfolg des Siegeszuges des Freischütz das weite Gebiet des Aben teuerlichen und Kuriosen, wir sahen aber auch, wie die Seele des Volkes und der Geist bedeutender Männer zutiefst von der Kunst Webers bewegt wurden. So ergab sich eine Art Lebensgeschichte mit doppeltem Aspekt, mit dem Blick auf einen Meister und sein Werk — die Biographie Webers wurde zur Biographie der deut schesten aller deutschen Opern. Wir sahen, wie sich diese Wertung des Freischütz schon bei Wagner und noch früher vorbereitete; wie sie bei einem Mann wie Pfitzner zur ausschließlichen Betonung der Wesensgleichung Weber — Freischütz führte. Wenn auch bei solcher Denkart die reiche Vielfalt der Weberschen Tonwelt eine gewisse Vereinfachung erfahren mußte, wenn es nicht zur Aus sprache über wesentliche Fragen der Entwicklung kam, wie bei spielsweise den Aufstieg Webers zur Meisterschaft der Euryanthe und des Oberon, so gewann unsere Betrachtung durch diese Ein schränkung anderseits den Vorteil, das ganze große Wunder des Freischütz-Sieges in der Welt einmal unabgelenkt durch andere Blickpunkte ins Bewußtsein der Gegenwart zu rücken. Philipp Spitta hat in seinem Weber-Aufsatz zur Hundertjahrfeier 1886 3*4