„Vorhalte" und „Vorschläge" in Bachs Passionen und im Weihnachtsoratorium. Von Arnold Schering (Halle a. d. S.). Mit den beiden klassischen Sätzen: „ES ist nicht möglich,... alle und jede Stellen, welche Vorschläge erfodern, und von was für Geltung diese Vorschläge seyn müssen, ganz genau durch Regeln zu bestimmen. Es bleibt immer etwas Willkühr- liches dabey übrig, welches von dem Geschmacke und der Emp findung des Tonsetzers oder AusführcrS abhängt", hat Friedrich Agricola in der Übersetzung der bekannten Gesangschule von Tosi (1757) die Unmöglichkeit festgelegt, das Vorschlagswesen der alten Zeit in ein überall und immer gültiges System zu bringen. Auch das philologische Rüstzeug der modernen Musik wissenschaft läßt hier zuweilen im Stich, und der treue Wille, einem Bach nicht nur dem Buchstaben, sondern auch dem Geiste nach zu genügen, sieht sich oft schweren Hindernissen gegenüber. Schon in früheren Bachjahrbüchern ist gelegentlich das Wort über die Ausführung der Bachschen Ornamente ergriffen worden si. Der hiermit folgende Beitrag will nichts Grund sätzliches zur Ausführung des einen oder andern Ornaments bringen, sondern zu den konkreten Fällen selbst herabfteigen und versuchen, die Vorhalts- und Vorschlagötechnik in den beiden Passionen und im Weihnachtsoratorium fortlaufend zu deuten. Daß ich da ganze Strecken lang nichts Neues sagen werde, 1909 (C. Dannrcuther), 1916 (H.I. Moser). Dazu die Werke von Hugo Goldschmidt, Die Lehre von der vokalen Ornamentik 1907, und AdolfBeyschlag, Die Ornamentik der Musik 1908.