Das Heim der Schule bei der Andreaskirche hatte schon bei dem ständigen An steigen der Schülerzahl nicht mehr ausgereicht. Wie sollte es erst werden, wenn die Schule aufbauen wollte? Die unhaltbaren Zustände der Raumnot verlangten eine schnelle und gründliche Lösung der Raumfrage. Diese konnte nur durch den Bau eines neuen Gebäudes gefunden werden. Die günstige Beurteilung der Ent wicklung der Realschule und die Zustimmung des Regierungspräsidenten in Merse burg veranlaßten den Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung im Ok tober 1906, dem Vorschlag des Direktors Müller zuzustimmen und Ostern 1907 mit der Einrichtung der Obersekunda den Aufbau zu beginnen. Bald darauf wurde auch der Bau des neuen Schulgebäudes an der Ecke Koenig- und Hessestraße in Angriff genommen und 1909 beendet. Nach den Tagen vom 15. bis 17. April 1909, in denen die Einweihungsfeier veranstaltet wurde, bezog die Schule ihr neues Heim, erbaut nach den Plänen des Berliner Architekten Beyer vom Reg.-Bau- meister Leypold. Nach der günstig verlaufenen Reifeprüfung der Oberprimaner des Jahrgangs 1910 wurde die Anstalt als vollberechtigte Oberrealschule anerkannt. Die junge Vollanstalt hatte nur wenige Jahre bestanden, als 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach. In den Kriegsjahren 1914—1918 können wir etwa dieselben Kriegserscheinun gen wie am Gymnasium beobachten: Kriegsreifeprüfungen, Notreifeprüfungen und Prüfungen von Kriegsteilnehmern und Nichtschülern, dann auch Zuerken nung des Reifezeugnisses ohne Prüfung. Wir brauchen daher auch auf die Kriegs jahre mit der Heranziehung von Lehrern und Schülern zum Dienst im Interesse des Vaterlandes nicht einzugehen. Auch die Schüler der Oberrealschule waren sich der Bedeutung und des Ernstes der Zeit stets bewußt gewesen und hatten nach Kräften für das Gemeinwohl gewirkt. Die große Zahl derer, die den Tod für das Vaterland gestorben sind, beweist auch ihre Bereitschaft, das Leben für Volk und Vaterland hinzugeben. Ebenso ähneln die Verhältnisse in der Nachkriegszeit denen am Luther-Gymnasium. Nach dem Weggang des Direktors Dr. Müller im Jahre 1918 übernahm Dr. Ebert, bisher Prorektor am Eislebener Lehrerseminar, die Leitung der Schule. Seiner Tatkraft und Geschicklichkeit, alle Vorteile für seine Schule auszunutzen, gelang es, die Anstalt zu weiterer Entwicklung und Blüte zu führen. Die Schüler zahl war Ostern 1925 auf fast 500 gestiegen. Dieses gewaltige Anwachsen der Klassenfrequenzen führte selbst in dem großen Gebäude wieder zur Raumnot. Verschiedene Klassen mußten außerhalb des Anstaltsgebäudes untergebracht wer den. Den Raum der Schule durch Anbau oder Aufstockung zu erweitern, war wohl erwogen, und sogar die Baupläne waren ausgearbeitet worden. Doch schei terte das Unternehmen an den hohen Baukosten. Die Stadt konnte nicht nur nicht die Kosten für diesen Erweiterungsbau, sondern auch die drückenden Lasten der