Das 18. Jahrhundert. Francois Boucher. 69 Wenn auch das Wappen der regelmäßige Gegenstand des Eignerzeichens blieb, so änderte sich doch sein Aussehen in er heblichster Weise. Die ehrwürdigen Formen der Heraldik wurden in die kapriziösen Schnörkel des Rokokostiles gezwungen und die Schar der antiken Götter mußte vom Olymp herabsteigen, um die bisher als Wappenhalter benutzten Löwen, Hunde rc. zu ersetzen. Poulet-Malassis (S. 30) spricht von einem Larnaval äes armoiries, oü Io eLlombrsäaino so mtzlo ä l'apotbeoss. Auf dem Exlibris Brallet ist das Wappen des Be sitzers auf einem Felsenriff aufgerichtet, das von den Wogen des Weltmeeres umbraust wird. Ein gewaltiger brüllender Löwe und eine allegorische Frauengestalt mit einem Spiegel in der Hand, die Wohl als Ver körperung der Wahrheit gedacht ist, dienen als Schildhalter; im Hintergründe steigt die Sonne am Horizont empor. Auf dem Exlibris des Abbo de Gricourt bekränzen Putten das auf Wolken schwebende Wappen. Auch die von F. Boucher herrührenden Eignerzeichen sind charakteristische Beispiele für die Selbstverhimmelung, die die Mit glieder der herrschenden Klassen mit sich zu treiben liebten — ganz abgesehen von dem bedeutenden Interesse, das sie als Arbeiten des einst allzu hoch erhobenen, dann unter Diderots unbarmherzigen Angriffen allzu tief herabgestürzten Malers der Grazien darbieten. Eines seiner Blätter gehörte dem Präsidenten Henault von der Acadömie Franoaise (Abb. 94). Minerva selbst thront in den Wolken und hält mit Hilfe eines Putto den Wappenschild des gelehrten Herrn. Gestochen ist das Blatt von dem Grafen Caylns, dem Kunstschriftsteller und Dilettanten, der dem gebildeten Deutschen zwar nicht durch seine Schriften, wohl aber durch die Polemik bekannt ist, die Lessing im Laokoon gegen ihn gerichtet hat. In der gleichen Art sind auch die drei anderen von Boucher entworfenen Exlibris gehalten, das schöne Blatt für den ein flußreichen Finanzmann und bekannten Gönner Watteaus, de Crozat, Baron de Thiers, wohl seine beste Arbeit auf diesem Gebiete (Abb. Lxl. Loa zwischen S. 70 u. 7l, Bouchot S. 51), das Exlibris Anblö, das die volle Signatur des Künstlers trägt (Abb. Poulet-Malassis S. 58) und das Exlibris Valvry, signiert 8. 8. inv. (Abb. 95). Wie Bouchers Beispiel beweist, hielten es die gefeiertsten Künstler der Zeit nicht für unter ihrer Würde, gelegentlich Buch eignerzeichen zu entwerfen, und so blieb es auch, nachdem durch den wieder erstarkten Einfluß der antiken Kunst im Verein mit Rousseauscher Naturschwärmerei die gra ziösen Kapricen des heiteren Rokoko durch Abb. 1V7. Exlibris, gezeichnet von W. Weyer.