I. Die Quellen des Traktates. Wido selber erklärt im ersten Buche c. 20 \ sein Material zur Ver teidigung Gregors aus verschiedenen Schriften genommen zu haben. Eine seiner Quellen ist uns erhalten: es ist ein Schreiben des Bischofs Anselm von Lucca. Anselm, früh in die scholastische Gelehrsamkeit eingeweiht und wegen seiner Kenntnisse in der Grammatik und Dialektik hoch angesehen, war bald nach dem Tode des Papstes Alexander II. zum Bischof von Lucca erwählt worden. Gregor VII. hob schon damals in einem Schreiben an die Gräfinnen von Tuscien Beatrix und ihre Tochter Mathilde (24. Juni 1073) das Wissen Anselms rühmend hervor; 2 er erteilte dem selben, nachdem er von König Heinrich die Investitur empfangen hatte, die Konsekration. Seitdem kam der Bischof mit dem Papste vielfach in Berührung, und dessen Persönlichkeit übte auf ihn einen so gewaltigen Einflufs aus, dafs sich bald in seinen Ansichten ein vollständiger Wechsel zeigte. In Hildebrand erkannte' er das Vorbild, welchem er nacheifern müsse, sein Wüle ward ihm allein mafsgebend und mit allem Feuer, das seiner Natur eignete, warf er sich in den Kampf, um Gregors VII. Pläne zur Durchführung zu bringen. Als Mönch hatte dieser zu der höchsten Stufe in der Kirche sich emporgeschwungen; auch Anselm trat in ein Cluniacenser Kloster ein. Bald rief ihn das Gebot des Papstes aus den Klostermauern in seine Umgebung. Als Bischof sollte er wieder seines Amtes pflegen, aber als ein Bischof, der seine Würde auf dem allein „kanonischen“ Wege erlangt hätte. So gab denn Anselm sein Bistum, mit dem ihn einst König Heinrich investiert hatte, in Gregors Hand und empfing es von ihm mit Umgehung der königlichen Investitur wieder zurück. 3 Unverbrüchlich hielt Anselm zu Gregor VH., p. 165: Sed quia .... in defensionem saepe nominati Ildebrandi ex diversis auctoribus multa congessimus, restat etc. 2 Greg. VII. Keg. I 11. Vgl. Meitzer, Gregor VII und die BischofsivaJilen. S. 55 ff.