IV. Die Korrespondenz zwischen Wibert und Anselm und der Traktat Widos in ihrer historischen Bedeutung. Drei Hauptabschnitte lassen sich in dem Pontifikat Gregors VH. erkennen: sie werden bezeichnet durch das Jahr 1076, in welchem das Papsttum mit dem deutschen Königtume zuerst in einen die ganze Christenheit erregenden Konflikt geriet, durch die Pastensynode vom Jahre 1080, auf der nach. Zeiten zweideutiger Politik und unklarer Ver hältnisse Gregor Vn. sich endlich veranlafst sah, König Heinrich IV. aufs neue in den Bann zu thun, schüefslich durch das Jahr 1084, in welchem seine vollständige Niederlage ihm und der Welt zeigte, dafs auch die gröfste Festigkeit und Willensstärke, die höchste Zuversichtlich-, keit eines Mannes nicht vermag, urplötzlich die Welt in neue Bahnen zu leiten. Der Zug der Zeit ging auf die Freiheit der Kirche, ihre Gleichberechtigung neben der staatlichen Gewalt; Gregor hatte als Ziel seines Lebens die Alleinherrschaft des Papsttums, die Ohnmacht des Staates ins Auge gefafst. Auf der Fastensynode von 1080 hatte der Papst seine Ideen in aller Klarheit dargelegt; wie kam es, dafs er gleichwohl noch Jahre hindurch sich gegen das Kaisertum zu behaupten vermochte, und welche Kon junkturen waren es, die auf einmal ziemlich rasch zu seinem Sturze führten? Ich will zunächst im Folgenden versuchen, diese Frage zu be antworten; denn nur auf diesem Wege bietet sich die Möglichkeit dar, zu richtiger Beurteilung der Verhältnisse in der Mitte der achtziger Jahre des 11. Jahrhunderts zu gelangen, nur so wird man den rechten Standpunkt gewinnen können, um den Schriftwechsel zwischen Wibert und Anselm und Widos Traktat in ihrer Bedeutung für den politischen Zusammenhang der Dinge zu erkennen. Heinrich II'. hatte nach seiner zweiten Exkommunikation durch Gregor VH. nachdem bereits zu Ostern mehrere Bischöfe in Bamberg sich öffentlich von demselben losgesagt hatten, Pfingsten 1080 auf einer