DER PARK VON GROSZSEDLITZ uf dem linken Elbeufer zwischen Pirna und Dresden tritt der sanfte Höhenzug, der das Tal bisher in angemessener Entfernung begleitet hat, bei Heidenau ziemlich nahe an den Fluß heran. Der Raum zwischen Hang und Fluß ist da durch so schmal geworden, daß die Industriewerke, die sich hier angesiedelt haben, mit ihren Holzstapelplätzen und Gleisanlagen fast die ganze Fläche einnehmen. Der industrielle Charakter dieses Uferabschnitts paßt so gar nicht zu der Vorstellung, daß auf dem Höhenrücken unmittelbar hinter den Fabrikschornsteinen eine der bedeutendsten barocken Parkschöpfungen Deutschlands liegt, und eine der wenigen unberührten. Unberührt heißt, daß die Hand des Gärtners unaufhörlich gegen das natürliche Wachstum von Baum, Strauch und Grün Vorgehen mußte, um den alten Garten in seiner französisch-architekto nischen Struktur zu erhalten. Offenbar hat auch seine entfernte Lage abseits von allem Verkehr dazu beigetragen, daß die nachfolgenden Generationen seine historische Substanz unangetastet ließen. Noch heute gibt es genug Dresdener, denen man doch im allgemeinen große Spazierlust nachsagt, die den Park von Großsedlitz nicht kennen. Was auch in aller Welt hat den sächsischen Herrscher bewogen, sich in dieser Gegend, die vor zweieinhalb Jahrhunderten ein rein ländliches Aussehen hatte, aber um keinen Kilometer weniger als heute vom Zentrum der Stadt entfernt lag, sich in dieser verlassenen Gegend auf den Fluren des Dorfes Großsedlitz einen solchen pompösen Park anzulegen? Den ersten Schritt in die Kunstgeschichte machte Großsedlitz, als sich der Generalintendant Graf Wackerbarth im Jahre 1719 das hier oben liegende Rittergut Groß- und Kleinsedlitz kaufte und sogleich die Architekten Pöppelmann und Knöffel mit der Planung eines Schlosses und Gartens beauftragte. Pöppelmann gehörte nun schon zu der älteren, Johann Christoph Knöffel zu der jüngeren Generation der begabten Meister, die die barocke Baukunst in Sachsen zu ihrer höchsten Vollendung und Klarheit führten. Die Arbeiten am Schloß waren noch 1719 in Gang gekommen, teilweise auch die Anlage des Gartens, nachdem eine Anzahl Bauerngrundstücke zwangsenteignet worden waren, und das Schlößchen war im Jahre darauf im Rohbau fertig. Die Schnelligkeit, mit der man damals vom ersten Bleistiftstrich der Entwurfszeichnung zum fertigen Dach gelangte, bleibt für uns noch immer erstaunlich. Wackerbarth beabsichtigte, sich hier einen Ruhesitz zu schaffen. Aber dazu sollte es nicht kommen. Als Schloß und Park im ersten Glanz und Grün, wenn auch noch nicht in allem vollkommen, dastanden, kaufte August der Starke ihm 1723 das Ganze ab. Geht man den Besitzverhältnissen der königlichen Bauten dieser Zeit nach, stößt man häufig auf die Tatsache, daß der König Neubauten seiner Minister und Günstlinge, oft noch während der Bau-