schloss Ubigau m Nordwesten der Stadt am rechten Elbufer bei Übigau steht ein ehemali ges Königsschloß. Wahrscheinlich wissen die meisten Dresdner nichts von seinem Vorhandensein, und auch kein Reiseprospekt nennt es als Sehens würdigkeit. Haus und Garten sind nicht mehr zugänglich. Seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts befindet sich das Schloß im Besitz von technischen Unternehmen, und noch heute dient es, von Fabrikhallen und Kränen umstanden, einer Schiffswerft als Verwaltungsgebäude. Zwischen ihm und dem Fluß liegt, leicht zum Ufer hin abfallend, ein Garten, den eine Terrassenmauer gegen den Strom begrenzt. Eine Freitreppe führt hinunter zum Wasser. Der widerspruchsvollste Anblick aber in dieser industriellen Umgebung sind die verwitterten Sandsteingruppen auf der Terrassenbrüstung, Kinder in barocken Gewändern von Erwachsenen beim Contretanz. Unmittelbar nebenan dröhnen Niethämmer. Kein anderes Dresdner Schloß hat eine wechselvollere und betrüblichere Geschichte gehabt als Übigau. Bauen ließ es sich der leitende Kabinettsminister Augusts des Starken, Graf Flemming, aber noch während der Arbeiten kaufte es ihm der König ab. Innerhalb dreier Jahre wechselte das Palais aus dem Besitz der Krone in die Hand eines nächsten Ministers und von diesem abermals an den Hof. Schon damals wurde es kaum benutzt. Nach dem Siebenjährigen Krieg, als die Kassen leer waren, kümmerte sich erst recht niemand mehr darum. Das Schloß verwahrloste, und auch der Garten, einst eine Sehenswürdigkeit mit prächtigen Nelkenbeeten, verkam. Der allein noch im Schloß wohnende Gärtner bekam die Erlaubnis zu einem Ausschank, aus dem bald ein vielbesuchtes öffent liches Gartenlokal wurde. Als 1813 um das Schloßgebäude ein heftiger Kampf zwischen russischen und französischen Truppen entbrannte, fielen ihm nicht nur die Gläser, Tassen und Flaschen, sondern auch die gesamte kostbare Innenausstattung bis auf die letzte Spiegelscheibe zum Opfer. Nun ver steigerte der Hof den Besitz. Die Bieter waren ein böhmischer Textilfabrikant, der in dem Schloß Schals herstellen wollte, ein Zimmermeister, der auf die Gaststätte erpicht war, und andere Leute der neuen kapitalkräftigen Unternehmerschicht. Wieder später kam das Schloß an eine Maschinenfabrik. Damals wurde ein Teil des Gartens in eine Werftanlage umgewandelt, wo im Jahre 1837 das erste Personendampfschiff vom Stapel lief. Das Opfer, das der Schloßgarten der industriellen Entwick lung bringen mußte, war nicht vergebens. Kein anderes Dresdner Schloß war je Objekt eines so niedrigen Schachers wie Übigau. Als Flemming sein „Maison de plaisir in Übigau“ in Auftrag gab, rechnete er von Anfang an damit, daß der König binnen kurzem das Palais erwerben würde. Schon mit anderen Transaktionen hatte Flemming gleiche