WACKERBARTHS RUHE 1s Jean de Bodt im Jahre 1728 aus Berlin nach Dresden berufen wurde, um als Generalintendant der Zivil- und Militärgebäude die Stelle des Ministers Wackerbarth einzunehmen, war dieser fünfundsechzig Jahre alt und bereit, sich zur Ruhe zu setzen. Das Großsedlitzer Schloß, das er sich einmal als seinen Besitz gedacht hatte, war ihm schon früher vom König abgekauft worden. Aber er hatte vorgesorgt. Seit langem hatte er ein Auge auf die Weinberg landschaft der Lößnitz geworfen; diese Gegend stand damals bei Hofe in Mode. Das gedeihliche Klima, in dem ein annehmbarer Wein, Pfirsiche, Aprikosen und sogar Feigen reiften, war ver lockend, und die Weingüter trugen viel ein. So hatte er bereits seit 1710 in der Niederlößnitz einen Weinberg nach dem anderen zusammengekauft, bis ein ansehnliches Grundstück beisammen war, das sich von der Ebene aus bis auf den Rücken des Weinhanges zog. Da er jetzt seine öffentlichen Pflichten und Ämter los war, dachte er mit Nachdruck an den Bau seines Hauses. Er erteilte diesen Privatauftrag an den Architekten Johann Christoph Knöffel, der sein besonderes Vertrauen genoß und vorher die Projekte für das Großsedlitzer Schloß und die Ritterakademie in Dresden, ursprüng lich ebenfalls auf Rechnung Wackerbarths gebaut, zu seiner großen Zufriedenheit ausgeführt hatte. Hier in der Lößnitz wollte er sein Leben und Werk überschauen. Sein Leben hatte ihn in höchste Höhen geführt, und sein Haus sollte nicht schlecht sein. Er war, aus einer bürgerlichen Familie stammend, in Baden aufgewachsen, hatte in Rom Architektur studiert und war viel gereist. Seine glänzende gesellschaftliche und künstlerische Ausbildung an dem berühmten Heidelberger Hof hatte ihm rasch die Gunst Augusts gewonnen, aber auch den Neid vieler adliger Höflinge eingetragen. „Alle Welt“, so hatte der Kammerherr von Wolframsdorf, der Verfasser des bekannten Buches „Portrait de la cour de Pologne“, über ihn geschrieben, „alle Welt ist über das Glück erstaunt, wie ein so dürftiges Genie, wie Wackerbarth, es so weit bringen konnte, bei der Armee als General und bei dem größten Hofe Europas — Wien — als Gesandter angestellt zu werden, wo er Geschäfte von größter Wichtigkeit zu führen hatte.“ 1695, ein Jahr nach dem Regierungsantritt Augusts, war ihm die Oberinspektion über das Bauwesen übertragen worden. Diese wichtige Machtfunktion setzte ihn, den damals erst Dreiunddreißig- jährigen, in die ehrenvolle Nachfolge Starckes, des Erbauers des Palais im Großen Garten. Hervor ragende Hofkünstler hatte er unter seiner Amtsführung gehabt, wie Markus Conrad Dietze, der schon 1704 gestorben war, und dessen Nachfolger Matthäus Daniel Pöppelmann. Welche glückliche Hand hatte der König bewiesen, diesen großen Meister für seine Baupläne zu verpflichten! Zu