Autobiografischer Schnappschuß In meiner Jugend hatte ich mich entschlossen, Chemiker zu werden, und wählte daher das Studium der Chemie und Physik, nachdem ich das Abitur an einem humanistischen Gymnasium im Revier bärtiger, zwickertragender Professoren mit steifen Manschetten und gestärk tem Vorhemd bestanden hatte. In den Korridoren wie in den Klassen räumen wehte wirklichkeitsferner Geist der Antike, und die Akropo lis war uns von Grundrißzeichnungen und Öldrucken so vertraut wie unser Schulweg. Fotos von ihr waren allerdings nicht vorhan den. Der Schulrat fand sie mit dem Geist der Antike unvereinbar. So humanistisch also war dieses Gymnasium, und was mich betrifft, so gibt es sogar noch eine „klassische" Pointe. Als wir Kameraden am fünften Jahrestag unseres Abiturs zusammen kamen, hatten wir auch unsere alten Lehrer von damals eingeladen. Der inzwischen pensionierte Professor für Griechisch unterhielt sich bei diesem Anlaß mit jedem einzelnen. Als ich an der Reihe war, fragte er: „Nuuun Croy, uuund was ist aus ühnen gewooorden?” „Chemiker", sagte ich, „Herr Professor", und da er ein wenig schwer hörig war, wiederholte ich nochmals „Chemiker". Da erhellten sich seine Züge, als käme ihm eine Erleuchtung. „Ja, richtig", sagte er, „unlängst haben wir von ühnen gesprooochen; ja, ja, ich weiß schooon, das war so was Komisches". So durch und durch humanistisch war also die Wiege meines Chemi ker-Komiker-Daseins. Doch danach erfüllte sich später auch an mir das französische Sprich wort: „Die Chemie führt zu allem, vorausgesetzt, daß man sie ver läßt." Wohin sie mich geführt hat, nachdem ich sie verlassen hatte, will ich jetzt erzählen. Seit damals sind viele Jahre verflossen, und mein Sohn Peter ist sogar schon 20 Jahre geworden. Ich habe ihm manches erzählt, und er hat es, so wie er es verstand, gezeichnet. Denn er kennt mich ja nun schon zur Genüge — wie ich wohl annehmen darf.