Neunzehntes Kapitel Brachliegende Kräfte Ich verehre den Menschen, der deutlich weiß, was er will, unablässig vorschreitet, die Mittel zu seinem Zwecke kennt und sie zu ergreifen und zu brauchen weiß; in wiefern sein Zweck groß oder klein sei, Lob oder Tadel verdiene, das kommt bei mir erst nachher in Betrach tung. Goethe Entschiedenheit und Folge ist das Verehrungswürdigste am Menschen. Goethe Es gilt den unendlichen Reichtum zu heben, der in den brachliegenden produktiven Kräften des Menschen besteht. Die Zeit ist überreif dazu! Das Herz muß bluten, wenn man ringsum in der Welt sieht, wie die gleichen Kräfte, die den Trägern inneres Glück und äußeren Wohlstand be reiten und das Dasein neu gestalten könnten, sinnlos ver kümmern in Elend und verschmachten in der Wüste der Not, nachdem Selbstzutrauen und Vertrauen geschwunden. Und die Kräfte sterben, ohne daß es den Trägern bewußt wird... Jemand hat die treffliche Bemerkung gemacht, die mei sten Arbeiter und Angestellten seien wie ein Rad: man müsse einen Treibriemen herumlegen, damit das Rad laufe. Hier ist nicht der Ort zu untersuchen, worauf diese Er scheinung beruhe, die vielleicht mit der Tatsache zusam menhängt, daß seit Jahrzehnten die Zahl der selbständigen Existenzen ebenso rapide abnimmt, wie die Zahl der Ar beiter und Angestellten zunimmt. Zeugt dies Phänomen von einem allmählichen Verkümmern der produktiven Kräfte in den breiten Massen? Sind auf solche Verkümmerung nicht auch, neben den vielen gescheiterten Existenzen, die vielen Sinnlosigkeiten des Menschenlebens zurückzuführen? Nicht erst im Zeitalter der Arbeitslosigkeit, sondern schon lange vorher, vielleicht sogar bis zu undenklichen Zeiten