GEMEINSCHAFTSIDEE 55 Die Vorherrschaft des Religiösen im ganzen Leben hat No valis ebenso wie den organisch-universalen Charakter des Kulturlebens als Wesensmerkmale mittelalterlichen Lebens— trotz aller dichterisch-selmsüchtigen »romantischen« Ver klärung — richtig erkannt. Von hier aus ist ihm auch erst die Erfassung des individuahstischen Zeitcharakters der Auf klärung und der Revolution aufgegangen. Auch die gegen wärtige Schau dieser abendländischen Epoche weiß, so we nig sie der romantischen Zielsetzung der europäischen Ge schichte zustimmt und das verklärte Alte erneuern will, und so sehr sie auch in der Weltauffassung und Lebensnormie rung des Mittelalters nur eine in der Geschichte gestellte Aufgabe erblickt, die das Denken weder restlos ergriff noch das Leben total umgestaltete, um solche Wesenskonstituan- ten mittelalterlicher Welt- und Lebensorientierung. Für Al fred von Martin verharrt die »mittelalterliche Weltanschau ung« in einem »transzendentalen Monismus« entgegen dem duahstischen Weltbild der Neuzeit. Hermann Schmalenbach stimmt dem zu, wenn die beiden Bezeichnungen »transzen dental« und »Monismus« gleich wesentlich genommen wer den. In einer neuesten Überschau über die Kultur des Mit telalters hat Johannes Bühler die ältere Charakterisierung des Mittelalters als »Duahsmus« — »weil es Diesseits und Jen seits, Menschheit und Gottheit, Körper und Seele auseinan- derreiße«- trotz aller Anerkennung der»Risse im Mittelalter« in ihrer vollen Geltung bezweifelt: »Wenn nun auch die Weltwirklichkeit des Mittelalters von scharfen Gegensätzen und tiefen Rissen durchzogen war und auch nicht von einer innerlich geschlossenen mittelalterlichen Weltanschauung gesprochen werden kann, so hat doch der mittelalterliche Katholizismus wenigstens in einer Beziehung ein Weltbild von grandioser Einheitlichkeit geschaffen.« Aus einem ein zigen personalen Ursprung leitet er die Welt und ihre Viel heit her. Den Riß in die himmlische Welt brachte Luzifers Empörung, aber auch die Hölle dient— wie wir es aus Dante noch vernehmen werden — Gottes, des Einen, Verherrli chung. Den Riß in die irdische Welt und ihre Verbindung