68 Herfried Homburg Louis Spohr wurde 1817 (-1819) Musikdirektor in Frankfurt a. M. Am dortigen Theater traf er J. N. Schelble wieder. In Schelbles Wohnung wurden (mit Spohr als Mitwirkendem) Spohrs für den Gebrauch in der Freimaurer-Loge geschriebene sechs Gesänge für vier Männerstimmen op. 44 uraufgeführt. In dieser und ähnlichen Veranstaltungen darf man die ersten Schritte zur Gründung des Frankfurter „Cäcilien-Vereins“ sehen. Spohr verließ Frankfurt zwar kurze Zeit vor der Gründung dieses um die Bach-Pflege so verdienten Chorvereins, in welchem Maße er aber zu der Gründung beigetragen hat, beweist die Tatsache, daß er schon nach 2 1 / 2 Monaten Kasseler Tätigkeit, am 28. März 1822, einen Aufruf zur Gründung eines „Cäcilien-Vereins“ in Kassel Unterzeichnete. Glücklicherweise blieb das erste Repertorium dieses „Cäcilien-Vereins“ erhalten 13 . Neben noch unveröffentlichten Briefen und kärglichen Presseberichten ist es heute der einzige Beleg für die Arbeit Spohrs mit dieser und den anderen Kasseler Chorvereinigungen, einer Arbeit, die der Bachbewegung wertvolle Im pulse geben sollte. Bereits im Jahre 1820 hatte der Lehrer J. Wiegand in Kassel eine „Singe- Academie“ „zur Aufführung von Werken der ernsten hohem Musik“ gegründet 14 . Aber das damals etwa 20 000 Einwohner zählende Kassel trug neben dem Charakter der prächtigen Residenz noch den einer „Acker bürgerstadt“. Wiegand hatte als Lehrerssohn keinen Einfluß auf die exklu siven Kreise der Residenz. Das bewog Spohr, einen zweiten Gesangverein ins Leben zu rufen. In erhaltenen Mitgliederlisten des „Cäcilien-Vereins“ findet man außer wenigen Musikern ausschließlich Adelige, Hofbeamte, Großkaufleute und Bankiers. Die Arbeit nahm anscheinend einen guten Aufschwung. Spohr hatte in M. Hauptmann (bis 1842), F. Hauser (bis 1825), K. F. Curschmann (bis 1828) 15 , N. Burgmüller (bis 1831) 16 , F. von 13 Akten und Repertorium des „Cäcilien-Vereins“ i. d. Spohr-Sammlung der Stadt Kassel. Der betreffende Aufruf beginnt: „Den ächten Sinn und richtigen Geschmack für edle und ernste Musik z u erwecken, und Z» bewahren ist ein Bedürfnis unserer Zeit, welches in den größeren Städten Deutschlands z u Gesang-Vereinen Veranlassung gegeben hat, die mit dem erfreulichsten Erfolg jenes schöne Ziel verfolgen. Die talentvollen Dilettanten Cassels z u einem gleichen Streben zu vereinigen, ist es die Absicht unter dem Namen „Cäcilien-Verein“ auch hier eine solche Gesellschaft zu stiften...“ 14 Johann Wiegand (1789—1851), Lehrer, Musiklehrer und Komponist. Er schrieb u. a. ein Oratorium Die Auferstehung Jesu (1836), das Spohr am Karfreitag 1839 auf führte. Der „Wiegand’sche Verein“ war in den folgenden Jahren an den Aufführungen aller größeren Vokalwerke beteiligt. Ab 1831 zog Spohr noch die einjahr zuvor gegründete „Liedertafel“ hinzu. 15 Karl Friedrich Curschmann (1805 — 1841), war 1824 Schüler Hauptmanns und Spohrs in Kassel. Später wurde er als Liederkomponist bekannt. 16 Norbert Burgmüller (1810—1836) war 1825 Schüler Spohrs und Hauptmanns. Vgl. H. Eckert, N. Burgmüller, Augsburg/Brünn 1932, S. 2iff.