BESPRECHUNGEN H Christoph Wolff, Walter Emery u. a.: The New Grove BACH FAMILY. New York, London: W. W. Norton (1983), 372 S. Die Musikgeschichtsschreibung der Engländer Charles Burney und John Hawkins im ausgehenden 18. Jahrhundert, die rege Beteiligung der Londoner Verleger an den Publikationen Bachscher Instrumentalwerke im frühen 19. Jahrhundert und das Aufblühen des bürgerlichen Konzertwesens in Eng land waren die Wegbereiter für ein umfassendes englisches Musiklexikon. In Sir George Grove (1820-1900) bot sich für diese Aufgabe eine Persönlichkeit an, die von vornherein die Qualität dieses Unternehmens garantierte. Seine mustergültigen Beethoven-, Schubert- und Mendelssohn-Artikel legen davon heute noch beredtes Zeugnis ab. Groves vierbändiges Dictionary of Music and Musicians erschien 1878 bis 1889, also ungefähr zur gleichen Zeit wie Hugo Riemanns zunächst einbändiges Musiklexikon. Schon die zweite Auflage des „Grove“ benötigte 5 Bände (1900-1909), während die nach dem zweiten Weltkrieg herausgegebene 5. Auflage (1954) zu 9 Bänden anschwoll. Die sich allmählich über die ganze Welt ausbreitende Musikforschung und ihre zum Teil aufsehenerregenden Ergebnisse - man denke nur an die neue Chronologie der Bachschen Werke - und die sich daraus ergebenden neuen Gesamtausgaben der Werke der großen Komponisten stellten die Planer der 6. Auflage von Groves Musiklexikon vor die Frage, ob den Lesern mit einer Neuauflage des alten „Grove“ gedient wäre oder ob bei dem heutigen Stand der Musikwissenschaft ein völlig neues Musiklexikon geschaffen werden müsse. Stanley Sadie und seine Mitarbeiter entschlossen sich zu der letzteren Alter native, die, als 2obändiges Werk selbst Friedrich Blumes Musik in Geschichte und Gegenwart übertreffend, nunmehr vorliegt. Die Frage, ob den Heerscharen der Mitarbeiter „der große Wurf gelungen“ ist, wird sich erst nach Jahrzehnten beantworten lassen. Das gilt auch für die 104 Seiten umfassenden Artikel über vierzehn Mitglieder der Bach-Familie. 1 Daß sich fünf Autoren (und vier weitere Mitarbeiter) in diese Aufgabe teilten, bei der Christoph Wolff der Löwenanteil zufiel, ist logisch, obgleich sich bei einem solchen Verfahren gelegentliche Tatsachen- und Meinungsverschieden heiten ergeben. Die 1983 bei W. W. Norton in New York als preiswerter Einzelband 2 unter dem Titel The New Grove BACH FAMILY erschienenen Bach-Artikel fangen mit dem berühmten „Ursprung der musicalisch-Bachi- schen Familie“ an, dem der aus C. S. Terrys Bach-Biographie (1928) übernom- 1 Tbe New Grove Dictionary of Music and Musicians, edited by Stanley Sadie, London und New York 1980, Vol. I, S. 774-877. 2 Auch die Grove-Artikel über Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, die Meister der italie nischen Oper, Wagner und die zweite Wiener Schule sind dort als Einzelbände erschienen.