Die Lautenkompositionen Johann Sebastian Bachs. Ein Beitrag zur kritischen Wertung aus spielpraktischer Sicht Von Andre Burguete (Leipzig) Neuerkenntnisse zum vielumstrittenen Fragenkomplex „Bach und die Laute“ haben sich in jüngerer Zeit vorwiegend aus der Beschäftigung mit den handschriftlichen Quellen sowie biographischen Zeugnissen ergeben. 1 Äußerungen von seiten der Praxis erfolgten dagegen vergleichsweise spora disch und nicht immer mit Ergebnissen, die geeignet gewesen wären, das mittlerweile entstandene Gewirr von Hypothesen entflechten zu helfen. 2 3 Im Bach-Jahrbuch ist seit Hans Neemanns Aufsatz von 1931 überhaupt keine einschlägige Arbeit mehr erschienen. Die vorliegende Untersuchung wurde durch den Umstand begünstigt, daß sie die Vorarbeiten zur Veröffentlichung von Bachs Kompositionen für Lauteninstrumente im Rahmen der Neuen Bach-Ausgabe berücksichtigen und damit auf dem aktuellen Stand der Quellenforschung aufbauen konnte. 2 Infolgedessen erübrigte sich eine ausführliche Neuerörterung des gesamten Komplexes: Angestrebt wurde weniger die musikwissenschaftlich-kritische Revision bisher publizierter Beiträge als vielmehr die Behandlung einiger bisher zu wenig berücksichtigter Aspekte, deren Untersuchung zu Schlüs sen führte, die allgemein gewordenen Annahmen widersprachen. Es handelt sich um den Aspekt der spieltechnischen Einrichtung der in Frage kommenden Kompositionen aus unmittelbar praktischer Sicht sowie das in diesem Zusammenhang bedeutungsvolle Problem der Rolle des Lauten klaviers und des Bachschen Verhältnisses zu beiden Instrumenten. I. Zu Spielpraxis und Notationsverfahren Griffbrettinstrumente mit Bünden unterliegen - verglichen mit Tasten instrumenten - wesentlichen Beschränkungen des Arrangements. Das be trifft weniger ihren fast durchweg geringeren Ambitus als vielmehr die Unmöglichkeit, frei über diesen zu verfügen. Der Tugend, in die die Lau tenisten des 17. Jahrhunderts diese Not zu münzen wußten, verdanken wir einen satztechnischen Stil. Daß es außerdem nur in wenigen Fällen frei zur 1 Siehe das Literatuiverzeichnis am Ende dieses Beitrages. 2 Bedenkliche Verwirrung haben insbesondere die 1972 veröffentlichten Überlegungen F.J.Giesberts gestiftet; sie eingehend zu diskutieren, besteht um so weniger Ver anlassung, als die Behauptungen zur Stimmtonfrage sowie die Scordaturvorschläge letzten Endes in dem Projekt einer „Chromatischen Bachlautc mit 9 Chören und 3 Hebeln“ (!) kulminieren. 3 Der Notenband V/10 der NBA, der neben Klavierwerken die von Th. Kohlhase edier ten „Kompositionen für Lauteninstrumente“ enthält, ist mittlerweile erschienen; der zugehörige Krit. Bericht konnte im Manuskript eingesehen werden.