Verstümmelt überlieferte Arien aus Kantaten J. S. Bachs 39 Lücken füllt. Besonders beweiskräftig scheint dabei die rhythmische Stau ung des Bc. in Takt 16 zu sein, die als Variante der Takte 2 und 10 nur dann als Intensivierung des zuvor Gespielten verstanden werden kann, wenn sie zusammen mit einer bewegten Obligatstimme erklingt. Auch diesmal wieder ist auf eine Anzahl von Generalbaßziffem hinzuweisen, für die sich aus den überlieferten Stimmen keine zwingende Notwendigkeit ergibt und für deren Setzung vermutlich die Führung der verschollenen Solostimme Anlaß gegeben hat. So könnten die Nonenakkorde in den Takten 19, 25 und 46 durch Vorhaltsbildungen in der Violinstimme ver anlaßt worden sein, während die Ziffern der Takte 2, 21, 26 und 37 auf Sechzehntelbewegung schließen lassen. Endlich sei noch auf die ungewöhnliche Aufeinanderfolge zweier Continuo- sätze hingewiesen, die sich ergeben würde, läßt man die These von der ver lorenen Obligatstimme nicht gelten. Denn während es in andern Kantaten wohl gelegentlich vorkommt, daß ein continuobegleitetes Rezitativ mit einer ebensolchen Arie zusammentrifft, so ist doch die Folge Continuo- Arie (Satz 2) - Continuo-Choralduett (Satz 3) völlig ungewöhnlich. Fassen wir die gewonnenen Beweisgründe wiederum zusammen, so ergibt sich für die Arie BWV 37/2: 1. Die Gestaltlosigkeit des (Continuo-) Ritornells und die Funktion einiger seiner Sechzehntelfiguren, die sich am leichtesten als Überbrückung der in einer Oberstimme auftretenden Zäsur deuten läßt. 2. Die unterschiedliche Begleitung identischer Tenorpartien im Bc. 3. Die Möglichkeit, verschiedene Generalbaßziffem, die aus den erhaltenen Stimmen heraus nicht abzuleiten sind, durch eine entsprechende Führung der Violinstimme zu erklären. 4. Die Unwahrscheinlichkeit, daß Bach zwei ausgedehnte, unmittelbar auf einanderfolgende Sätze als Continuosatz komponiert haben sollte. Demnach dürfen wir mit größter Wahrscheinlichkeit in den Tenor-Arien der Kantaten 37 und 181 Kompositionen mit obligater Solovioline sehen. Am Schluß unserer Betrachtungen drängt sich notwendigerweise die Frage auf, ob wohl noch irgendeine Aussicht besteht, die verschollenen Stimmen eines Tages wiederzuentdecken. Das ist nun freilich höchst unwahrschein lich, nicht allein wegen der zwei Weltkriege, die in diesem Jahrhundert unsere Bestände verringert haben, sondern besonders auch, weil alle be kannten Abschriften der drei fraglichen Kantaten (BWV 37, 166 und 181) diese verschollenen Stimmen bereits nicht mehr kennen. Schon in den Jahren also, in denen Franz Hauser und Joseph Fischhof ihre Kantaten sammlungen abschreiben ließen, also um 1830-1840, haben ihnen weder die Partituren noch die verschollenen Erstkopien dieser Werke Vorgelegen. Freilich gibt es doch noch einen kleinen Fingerzeig, der wenigstens bis in die Jahre um 1840 führt: Im Oktober 1842 nämlich erschien der Erstdruck des Orgeltrios g-Moll BWV 5 84 in der von G. W. Körner und A. G. Ritter