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Das Schiff
- Bandzählung
- 1929
- Erscheinungsdatum
- 1929
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-26.1929
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-192900008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19290000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19290000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 3, März
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
- Autor
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&rktterbtlÖung uni) literatur VON KARL SCHRÖDER / BERLIN ZWEITER TEIL Wir werfen einen Blick auf die Bildung und Erziehung der Maffen in der Gegenwart, und zwar auf Geifl und Inhalt diefer Bildung, wie fie von außen an den Durch- fchnittsarbeiter herangebracht werden, und wie Ge lieh anderfeits im Eigenleben, im familiären Privatleben eines folchen Menfchen auswerten. Vom Durchfchnitt ift die Rede, wohlgemerkt, und nicht von befonderen Fällen; und ebenfo kann hier nicht jedes Einzelgebiet erwähnt werden, fondern nur folche, die in irgendeinem Sinn mit der Literatur zufammenhängen. Die arbeitende Maffe von heute wird im engeren Sinn gebildet und erzogen durch die Schule. Der Inhalt diefer Bildung ift zum größten Teil feudale und bürgerliche Tradition. Offenfichtlich ift das in Fächern wie Deutfdi, Gefchichte, Religion und andern. Etwas verfteckterfchon in Geographie, Singen (man denke an die Texte der Lieder), Naturkunde, Rechnen (man denke z.B. an den Inhalt der Rechenaufgaben) ufw. Aber auch da, wo fdieinbar nichts von feudal-bürgerlicher Art vorhanden zu fein fcheint, wie etwa bei Turnen und Sport, ift für den tieferenBlick derKlaffengehalt durchaus erkennbar an der Auswahl der Übungen, ihrer Zufammenftellung, ihrer Bedeutung im Gefamtftundenplan. Ebenfo deut- lidi wie am Inhalt wird diefe feudal-bürgerliche Tra dition an der Methode der Bildung und Erziehung. Sie ift auch in der heutigen Schule trotz mandier befferen (durch dasfozialiftifcheVordringenveranlaßten)Anfätze überwiegend autoritär. Vor Prügel und Strafen jeder Art, vor Erniedrigung und Beleidigung in jeder nur denkbaren Form wird nicht zurückgefchreckt. Wie um die Erhaltung des religiöfen Elements gekämpft wird, dafür mag als Beifpiel an dem Kampf um das katho- lifche Konkordat und um »weltliche« Schulen überhaupt erinnert werden. Und daß von einer vollen »Gleich berechtigung« der Mädchen neben den Knaben nidit gefprochen werden kann, weiß jeder. Tritt der junge Menfch »ins Leben«, dann beginnt für ihn (von unferem Thema aus gefehen) eine überaus ei n drin gl i die Bildung zum Beifpiel durch Preffe, Kino, Radio, Literatur jeder Art. Man kann diefen Einfluß kaum überfdiätzen. Sie alle — die Zeitung und das Magazin, die Illuftrierte und das Durdifchnittsbuch, die Kinorevue und das Kino drama, die Radiomufik und die Radiovorträge — bilden und erziehen, das heißt ver-bilden und ver-ziehen den Durdifchnittsmenfchen zur wahrhaft grotesken Kari katur eines wirklichen »Menfchen«. Sie zerfpalten, zer reißen, zerwirbeln ihn in taufend Fetzen; madien ihn zu einem unklaren, ewigftimmungsfehwankenden, un- Gcheren, oberflächlidien, haftenden und vor Geh felbft flüchtenden armfeligen Wefen. Die Kraft zur Entfaltung eigenen, zukunftsträchtigen Geiftes wird verhindert, der Wille, der Mut zurTat gelähmt; alle Arten und Abarten des hoffnungslos vermickerten und verfpießerten, wenn nicht kleinlich gemeinen Wefens werden gezüchtet. Im giinftigen Fall bleibt es bei dem Rückzug in das »Privat leben«, bei müder Melancholie oder Gleichgültigkeit; im fchlimmeren Fall haben wir üble Formen der An- fteckung durch kapitaliftifche Niedergangserfcheinun- gen, fexuelle Verwilderung und chronifchen Alkoholis mus, niedrigftes Streben, aufzufteigen in die Sphäre der eigenen Ausbeuter. — Wenn in diefen wenigen Worten auch der Schlagfchatten tiefer ausfällt, als er normaler weife gefehen wird, fo muß doch ausgefprochen werden, daß nirgends weniger ein »heiterer Optimismus« am Platz ift, als auf diefem Gebiet, auf dem alle, aber auch alle ideologifchen Mittel zur Niederhaltung einer auf- fteigenden und darum den Herrfdtenden gefährlich werdenden Klaffe angewendet werden. Gerade aber diefe Art der Erziehung und Bildung wird nun auch ausgeübt, und zwar in primitivfter, kraffefter Art, in der durchfchnittlichen proletarifchen Familie felbft. Hier wird autoritär erzogen, und hier wird das brave Arbeitstier gezüchtet; beides zum guten Nutzen der profitfehöpfenden Klaffen; beides zum Unfegen und zur gefieberten weiteren Unterdrückung der im wahren Sinne des Wortes profitausfehwitzenden Klaffe. Wir denken im folgenden nicht fo fehr an die Bruchteile fortgefchrittener,fozialiftifchorganifierterArbeiterfchaft — obwohl man fich auch da keinen Illufionen hingeben darf—, fondern an die Millionenmaffen heute noch ab- feits des Klaffenkampfes ihrer Klafie Stehenden. Rund zwanzig Millionen Arbeiter (ungerechnet ihre nidit im Produktionsprozeß tätigen Familienangehörigen) leben in Deutfchland, davon find fünf bis fedis Millionen nur freigewerkfdiaftlich und fozialiftifdi organisiert; und audi von diefen ift nur ein Teil wahrhaft »aktiv« und voll Strebens nadi Änderung außen und innen. Die Durchfdmittsfamilie diefer Art lebt in halbfeudalen Autoritätsverhältniffen. Der Vater der »Herr« der Fa milie, vor dem alle kufdien mtiffen, denn er ift der Er nährer; fo ein trauriger Kunde und Piefacker er auch fein mag. Und er fpielt den Herrn in der Familie; riickfiditslos in feinen Methoden bis zur finn- und maßlofen Gewalt anwendung gegenüberFrau und Kindern. Hiervon fpre- dien erfchütterndes Sdiludizen armer Frauen und blu tige Striemen gequälter Kinder fchreckliche W ahrheiten. Nirgends wird fo erbarmungslos geprügelt wie in folchen Familien; von verfoffenen Vätern nicht minder wie von fogenannten »ehrbaren« Menfchen, die vor einer fal- fchen Art »Ehrbarkeit« zu Narren geworden find. Die Frauenarbeit wird mißachtet; mehr als in jeder feudal bürgerlichen Atmofphäre wird fie degradiert und oben drein noch verhohnepiepelt. Für den jungen Arbeiter ein fexuell auszubeutendes Spielzeug; fpäter, fchnell verbraucht und müde, die »Olle«, die man am liebften zum Teufel wünfeht, wenn »Männer was zu reden haben«. Die Erziehung der Kinder, das Verhalten der Kinder untereinander, der älteren zu den jüngeren, der Eltern zu den fchon mitverdienenden oder noch uner- wachfenen — alles ift beftimmt von den feudal-bürger lichen Methoden des Autoritären und aus dem Geilt des Arbeitsprinzips, des Profitprinzips. Treten von oben nach unten, wie beim Militär; Kadavergehorfam und williger Untertanengeift. Ein gutes Buch kommt nidit ins Haus. Aber das übelfte Lokalblatt mit dummem
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