Jörn Walter / Annette Friedrich Neumarkt - Wege zum Wiederaufbau Ein Schlüsselproblem für den Wiederaufbau des Neumarktes liegt in der Frage, wie das ehe mals bürgerliche und sakrale Zentrum der Stadt am Ende des 20. Jahrhunderts als identitäts stiftender Mittelpunkt zurückgewonnen werden kann. Historisch erlangte der Neumarkt diese Bedeutung, indem das häufig im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Hof stehende Bürgertum und Teile des vom Hof abhängigen Adels hier in räumlicher Nähe geeignete Wohn-, Arbeits- und Geschäftsstätten fanden und wirtschaftlich in der Lage waren, diesen, trotz manchmal schwierigen Zeiten, auch einen baukünstlerisch würdigen Rahmen zu geben. Hinzu kam mit der Entscheidung zum Bau der Bährschen Frauenkirche die architektonische Definition des städtebaulichen und sakralen Höhe- und Mittelpunkts der Stadt. Somit trugen mehrere Komponenten zur Bedeutung des Platzes bei - funktionale ebenso wie architektoni sche und städtebauliche. Die Diskussion um den Wiederaufbau des Neumarktes in den vergangenen 50 Jahren leidet etwas unter der mangelnden Betrachtung dieser Zusammenhänge. Es hat eine innere Logik, daß, als die alten Inhalte durch die gesellschaftlichen Veränderungen hinfällig wurden, jene, die den Ort mit neuen Inhalten zu definieren suchten, mit den städtebaulichen und architek tonischen Qualitäten des alten Neumarktes nicht zurechtkamen und ihre Konzepte in radika len Neugestaltungsentwürfen mündeten. Umgekehrt taten sich auch all diejenigen schwer, die die städtebaulichen und architektonischen Qualitäten des historischen Ortes wiederherzustel len suchten, ohne ihn aber in funktionaler Hinsicht neu bestimmen zu können. Eine vollstän dige denkmalpflegerische Rekonstruktion steht in diesem Zusammenhang für den weitest gehenden Versuch, durch perfekte städtebauliche und architektonische Illusion ein Maß an Attraktion zu schaffen, das selbst fehlende Inhalte überspielen kann. Wege zum städtebauli chen Handeln in diesem Konfliktfeld aufzuspüren bedeutet, jene Anforderungen in funktio naler und städtebaukünstlerischer Hinsicht herauszufiltern, die sich am Ende des 20. Jahrhun derts sinnvoll miteinander verbinden lassen. Funktionale Wege Rund um den Neumarkt gibt es bedeutende kulturelle Einrichtungen, wie die Museen im Johanneum, Albertinum und dem Landhaus sowie die Kunstakademie mit Kunstvereins gebäude an der Brühlschen Terrasse. Mit dem Wiederaufbau des Schlosses werden weitere bedeutende Sammlungen hinzukommen. Auch öffentliche Versammlungsstätten sind mit