vielgeehrter Herr Collega, 'wenn Sie auch das rathlose Stehen hei dem Bette eines mit Infectionskrankheit be hafteten Menschen überlebten. Jetzt sind wir in einigen Krankheiten Herrn des Kampfes und werden es sein zweifellos in vielen anderen. Von diesem Punkte an sehend, haben Ihre Errungenschaften den ersten Werth in der Methodik der Medizin. Von da an können wir auch mit Stolz sagen, daß auch die Medizin eine Wissenschaft, nicht allein eine Kunst ist. Weg mit dem Epirismus! — soll es jetzt beißen, und geführt von Meistern dieses Ranges, wie Ihres werthvollen Lehrers Prof. Dr. R. Koch und Sie, können wir schon angstlos der Krankheit und dem Tode ins Antlitz schauen.“ — So schreibt in rührender Verehrung und unerschütter lichem Zutrauen der kleine Landarzt Dr. II. Fidler aus „Rußland-Polen, Stadt Radom“, an den großen „Collega" in Berlin. Er stellt ihm auf acht eng bekritzelten Seiten eine Reihe von Fragen über die „Zweifelhaftigkeiten", die er noch nicht verstanden hat; über vermeintliche Widersprüche, über Dosierung des Diphtherie-Heilserums bei Kindern und bei Erwachsenen und über Einzelheiten bei der Behandlung von Wundstarrkrampf. Er will wissen, ob es bereits ein Heilserum gegen Cholera gäbe, „die uns in Polen heuer angreift“. Er bittet um Bücher, um zwei „Koch’sche Spritzen“ und endlich um größere Serum mengen, weil es für ihn zu schwer sei, sich das Serum zu beschaffen. — Der Schluß des Briefes lautet folgender maßen: „Wie ein durstender Pilger an einer Quelle eilt, um den Durst zu stillen, so eile ich zu Ihnen, vielgeehrter Herr Collega, um meinen Wissenschaftsdurst zu befrie digen, und hoffe, daß ich den rechten Weg nehme. Wenn es mir gelingt, einmal in Berlin zu sein, so wird es meine Pflicht sein, Ihnen persönlich zu danken. Jetzt gestatten Sie nur, vielgeehrter Herr Collega, brieflich zu danken lo für das echte Vergnügen, das ich von Ihren werth vollen Arbeiten bekam und das man so selten in unserem ärtztlichen Leben hat, und 2 0 für Alles, was Sie für mich thun wollen und werden. „Hochachtungsvoll Dr. med. H. Fidler.“