Der deutsche Stabsarzt muß doch lächeln, als er den langen Brief durchstudiert hat. Schwester Emma aber, eher zu begeistern, tanzt mit den acht Blättern in der Hand durch die von ihr beherrschten Räume der „Villa Schroedter“. Sie ist ganz aus dem Häuschen und ruft ein iibers andere Mal aus: „Siehst du, Bruder, der Ruhm marschiert herbei, der Ruhm marschiert herbei! Dieser Widerhall aus polnischer Finsternis ist doppelt so viel wert, als alle Briefe von Monsieur Roux und Monsieur Metschnikoff aus Paris. -— Das eine kann ich dir aber sagen: Wenn der ,vielgeehrte Herr Collega 6 in Berlin dem ,wissenschaftsdurstigen ; Dr. Fidler in der Stadt Radom nicht sorgfältig und genau sämtliche Fragen beantwortet, dann kriegt er es mit mir zu tun, der ,vielgeehrte Herr Collega‘ nämlich, und zwar heftig!“ — Da lacht der Professor Emil Behring laut auf und ver steht, was der Schreibebrief zu bedeuten hat. Und noch desselbigen Abends tut er als gehorsamer Bruder, wie ihm die Schwester befohlen. — VI. Fridolin Findeisen, im Bekanntenkreise meistens „FF“ genannt, hielt sich für einen äußerst findigen Reporter. Tatsache war jedoch, zu seinem Glück, daß er als Provi sionsvertreter für Schreibwaren und Büromaterial so viel verdiente, um leidlich auskommen zu können. Daneben gelang es ihm, hin und wieder einen Bericht über irgend ein Vorkommnis, über irgendeine Person aus dem Ge triebe der Reichshauptstadt in seinem Leib- und Magen blatt unterzubringen, im „Berliner Intelligenzblatt“, wo für er ein paar Mark als Zeilenhonorar einstecken durfte. Gut, daß er nicht unbedingt auf diese Einnahmequelle angewiesen war. Allein dieser Fridolin Findeisen, der immerhin ein betriebsamer junger Mann war, hat es veranlaßt, daß sich erstmalig im Frühling 1894 die Schriftleitung einer großen Berliner Tageszeitung mit Emil Behring befaßte. Und das war so gekommen: Er hatte im Büro des Insti tutes für Infektionskrankheiten, das zu seiner Kund-