9 o Hans Wolfgang Theobald Die heutigen Rasterlöcher der Quinte 3’ (1746 Hohl Fleute 3’; nur Baß) sind ab cs’ eindeutig neu gebohrt (in die durchgehenden Rasterbretter); die originalen Löcher für den Diskant dieses Registers waren für die jetzt dort stehende Terz 1 3/5’ zu weit, so daß man 1954 diese Löcher ausgefilzt hat. Die jetzt auf Schleife 10 sich befindende Quinte 2 2/3’ bekam 1954 neue Raster, da schon Offenhauer das ursprünglich dort befindliche Rasterbrett der Viola da Gamba 8’ (Diskant) auf die letzte Schleife versetzt hat. Man erkennt dies deutlich an den Aussparungen im Rasterbrett für die ursprünglich vorn und hinten stehenden Holzpfeifen des Grobgedackt 8’ und des Quintatön 16’. Das sich heute auf Schleife 4 befindende Gedackt 4’ stimmt in der Bauweise mit den anderen Holzregistern der Orgel überein (so auch die viereckigen Füße in der tiefen Oktave und im Diskant, die mit den Stockbohrungen übereinstimmen). Es ist zwar möglich, daß nachträglich eine offen gebaute Flöte 4’ abgeschnitten und gedeckt gebaut wurde, aber dann hätte man sicher im Diskant die Pfeifen offengelassen und nicht gedeckt. Ein 4’-Register bis oben hin gedeckt zu bauen, deutet mehr auf die Praxis des 18. Jahrhunderts hin. Wahrscheinlich stand zur Zeit Bachs auf dem Registerzug „Fleute travers 4’ “, tatsächlich aber war Scheibes „Fleute doux 4’ “ in die Orgel gebaut. So ergibt sich aus der Aktenlage und aus dem tatsächlichen Befund an der Orgel, daß Scheibe über den Kontrakt hinaus nur die Register Quintatön 16’ und die Super Octava T und das „Angehänge zum Manual und Pedal“ geliefert hat. Das Register Viola di Gamba 8’ war von Scheibe als Stiftung geplant. 9 Da es aber im Vertrag nicht ausdrücklich erwähnt wird, führt Bach es bei den zusätzlichen Registern auf. Die von ihm erwähnte „Fleute travers 4 von Holtz“ dagegen dürfte hier nicht genannt werden, da sie anstatt einer Fleute doux 4 gebaut wurde. Auch wenn man bei einer Traversflöte ein offenes Register erwarten würde, baute Scheibe eine gedeckte Flöte, die zusammen mit dem Quintatön 16’ und dem Grob gedackt 8’ den Flötenchor bildet. Eine neuerliche Restaurierung durch die Firma Eule, Bautzen, ist geplant. Auf das klangliche Ergebnis kann man sehr gespannt sein. 10 9 Nach einer Notiz aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts (Museum für Geschichte der Stadt Leipzig, I F jo) stammte Johann Scheibe aus „Schorta“, möglicherweise also aus Zschortau (diese Deutung erstmals in Dok II. S. 549). Leider reichen die Kirchenbücher von Zschortau nicht bis um 1680 zurück. Die Schenkung einer „raren“ Orgelstimme „zu einem immer währenden Andencken“ läßt sich im gegebenen Zusammenhang jedoch kaum anders deuten, als daß Johann Scheibe sich in seinem Geburtsort selbst ein Denkmal setzen wollte (vgl. das ähnliche Vorgehen des jungen Gottfried Silbermann in Frauenstein). - Anm. der Schriftleitung. 10 Inzwischen (1984) ist die Orgel wieder spielbereit. Ohne einer geplanten Rekonstruktion vorzugreifen, entfernte man die Klaviatur, Mechanik und Windlade des II. Manuals.