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45 findenden Sommerreisen des Chores und natürlich auch in der Dresdner Kreuzkirche. Die Passionsmusik nach dem Lukas-Evangelium, die „Lukas-Passion“ im Jahre 1977 (dreißig Jahre nach der Uraufführung). Weitere Aufführungen fanden 1982 und erst kürzlich, aus Anlaß des 100. Geburtstages Rudolf Mauersbergers, statt. Darüber hinaus erklang die Passion im Magdeburger Dom und in der Thomaskirche zu Leipzig. Im Gedenken an den 10. Todestag des Komponisten Mauersberger wurde ein reines Mauers bergerprogramm erarbeitet. Es erklangen hier mehrfach solche Werke wie die großartige „Motette vom Frieden“, die „Neun Seligpreisungen“, der „Trostgesang aus dem 30jährigen Krieg“, natürlich der Trauerhymnus auf die am 13. Februar 1945 zerstörte Stadt Dresden: „Wie liegt die Stadt so wüst“ und hinzu kommt eine Reihe weiterer Chöre aus seinen Chor zyklen „Tag und Ewigkeit“ und „Dresden“, nicht zu vergessen „Der kleine Melchior und das Weihnachtskind“, der 1980 in der Schneeberger St. Wolfgangskirche, dem Ort der handeln den Legende, zur Aufführung gebracht wurde. Und immer wieder erklingen in unseren Konzerten die populärsten Volksliedbearbeitungen und einmalig klangschönen Volksliedsätze, Will Vespers „Unruh der Zeit“ usw. Mauersbergers Musik ist in der Tat von der Substanz her so stark und musikantisch frisch wie lebendig, daß es lohnt, sich ihrer anzunehmen und in das Repertoire auch eines gemischten Chores aufzunehmen. Dies bezeugt die Reaktion der Zuhörer, die immer wieder auf die Wir kung Mauersbergerscher Chormusik aufmerksam gemacht haben. Seine Musik empfinde ich als nicht unbedingt modern, ob dieser „Begriff“ auf seine Musik überhaupt zutrifft, ist wohl eine ganz andere Frage. Ich bewundere an seiner musikalischen Sprache immer wieder die auf fallende Gemeinschaft mit dem vertonten Text. Beeindruckend ist die erstaunliche Phantasie des Komponisten, mit der ersieh einem Text nähert und ihn in Musik umsetzt. Aber Mauers berger ist es auch selbst, der in den meisten Fällen sich die Texte selbst zusammenstellt, als eif riger Leser der Bibel und als ein großartiger Bibelkenner schafft er sich für solche Werke wie die „Geistliche Sommermusik“, das „Dresdener Requiem“, die Motette „Wie liegt die Stadt so wüst“ eine Textvorlage, die eine überzeugende Dramaturgie seiner Werke ermöglicht. Und es ist bei ihm nicht einfach das Übernehmen von Bibelversen, sondern vielmehr ein geschicktes Zusammenstellen von inhaltlich geeigneten Bibelstellen, manchmal auch nur halben Sätzen, die er zu einer stimmigen Gesamtaussage verschmilzt. Die musikalischen Mittel, die Mauersberger einsetzt, sind immer nur textbezogen. Oftmals verwendet er plastische, tonmalerische Elemente in liebevoller, manchmal fast frömmiger Naivität. Sein Mut zur Dissonanz geht Hand in Hand mit der Neigung zum konventionellen tonalen Satz. Akkordreihungen, auch oftmals ohne tonale Funktion, stehen dabei gleichbe rechtigt neben dem klangbetonten Choralsatz. Es ist aber vor allem die Ehrlichkeit seiner Tonsprache, die den Chorsänger, Interpreten und große Teile der Zuhörer stets aufs neue fes selt und beeindruckt. Sicher wußte Mauersbergerum die Wirkung seiner Musik, insbesondere natürlich in der praktizierten Umsetzung durch Knaben- und Jünglingsstimmen seines Kreuzchores. Die chorisch vokale und klangliche Wirkung ist Bestandteil seiner kompositori schen Arbeit. Wage ich mich nun an Mauersbergersche Chorwerke mit einem gemischten Chor, will seine Werke zur Aufführung bringen, ist es aus meiner Sicht unumgänglich, transparente, klare und gerade Chorstimmen einzusetzen, um die klanglichen Intentionen Mauersbergers wenigstens annähernd zu treffen. Dies gilt insbesondere bei der Besetzung der verschiedensten solisti- schen Partien. Die Qualifikation des Chores muß erheblich entwickelt sein, besonders in sei ner musikalischen und musikantischen Leistungsfähigkeit, stimmlicher Flexibilität und