16- Ein Ehrenmann. 119 aber verneigt sich tief und spricht: „Ach, das ist ja zu gütig von Ihnen, Herr Geheimrat: daran wird sich noch freuen Kind und Kindeskind!" — 1<5. Ein Ehrenmann. Der alte Kreissteuereinnehmer war heimgegangen. In dem stillen Dorfe seiner vogtländischen Heimat hatte er auf dem Gute seines Sohnes die letzten Jahre seines Lebens verbracht. Da war er eines Sommer tages, wie er zu tun pflegte, mit dem „Hackel" auf das Feld gegangen, um sich dort ein wenig als Land wirt zu betätigen. Und da hatte den Siebenundsiebzig- jährigen der Schlag gerührt. Landleute fanden ihn entseelt am Wege. Schreiend liefen sie ins Dorf: „Unser Herr Kreiseinnehmer ist tot!" Sie hatten den Alten von Herzen lieb: wenn eins einen guten Rat bedurft hatte, da hatte man bei dem erfahrenen Manne nie vergeblich angcklopft. Die Kinder waren von nah und fern gekommen, um ihn zu begraben: Fritz, der älteste, dem das Gut gehörte, aus Dresden, wo er gerade als Abgeordneter auf dem Landtage weilte: Ernst, der Doktor aus Hoyerswerda: Wilhelm, der Sekretär aus Bautzen, und Friederike, die Pfarrfrau, aus dem benachbarten Kirch dorf. Eben hatten ihn die Träger zu Grabe getragen, und der Herr Magister hatte eine Rede gehalten, wie nur der Freund des Hauses sie zu halten vermochte. Trauernd saßen die Geschwister und nächsten Ver wandten im großen Familienzimmer beisammen und redeten immer wieder vom Vater, wie er so gut ge wesen und so gewissenhaft im Amt und wie es ein so reiches Leben gewesen, das er gelebt habe. „Das dürfen wir wohl sagen", bemerkte der Dok tor, „daß unser guter Vater ein Ehrenmann war.