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51 Stellungen 1945 erneut Gestalt geben müssen, in harter, aufopferungsvoller Arbeit und unter mancherlei Abstrichen und Enttäuschungen, später dann unter Bedingungen des sich nach und nach abschwächenden Stimmvolumens bei Sängern seines Nachwuchses. 21 Trotz Ein schränkungen seinerseits, trotz mancherlei Unzufriedenheit, zu der er sich bisweilen hinrei ßen ließ, verfuhr er jedoch so glücklich, daß man diese seine zweite Schöpfung nach dem Kriege durch die Bezeichnung „Mauersberger-Klang“ mit seinem Namen in Verbindung brachte. 1969 verglich Werner Lottermoser in einer wissenschaftlichen Untersuchung den hellen a-Formanten des Kreuzchors mit den obertonreichen Plenumklängen Silbermanns. Der Akustiker, der in der Schlußbetrachtung seiner Arbeit „nicht versäumen wollte, dem hochverehrten Leiter des Dresdner Kreuzchors für seine unermüdliche Arbeit zu danken“, sprach von „Korrelation zwischen jugendlicher Gesangsstimme und Silbermannorgel , die er im Frequenzbereich zwischen 800 und 900 Hz bzw. bei Teiltönen über 1 800 Hz beobachtet hatte. Seiner Darstellung zufolge bestand das Beziehungsvolle sozusagen in der vokal emp fundenen Silbermannschen Intonation, aber auch in der „fast instrumentalen, sicheren und wohltuend ruhigen Tongebung des Kreuzchors“, die durch die Exaktheit der von einem Pegelschreiber festgehaltenen Tonspuren sichtbar zum Ausdruck gelangte. 22 Dieser nahezu instrumentale Stil Mauersbergers, den man vorwiegend aus der Zeit der 60er Jahre in Erinnerung behalten hat, begegnet einem u. a. in einer Serie von drei 17-cm-Schall- platten von Cantate. Herb-Verhaltenes, das den Knabenstimmen einen außerordentlichen Reiz abgewinnt, und eine packende Beweglichkeit wechseln einander ab. Ausschnitte aus der Assisi-Vertonung Kurt Hessenbergs „Mache mich zum Werkzeug deines Friedens“ und der Motette „Unser Leben währet siebzig Jahr“ von Sethus Calvisius, Aufnahmen von 1960, möchten das Gesagte verdeutlichen. Zum Vergleich erklang die Silbermannorgel zu Forchheim mit dem Bachschen Choralvorspiel „Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist“, BWV 631, gespielt von Werner Jacob. Dem Orgelbeispiel liegen keine meßtechnischen Ergebnisse zugrunde. Es möchte, in Annäherung an den Kreuzchor-Klang, unserem Hörempfinden Rechnung tragen. Die Registrierung: Principal 8 , die Oktaven 4’ und 2’, dazu Principalbaß und Octavbaß. Klangbestimmend die 2-Fuß-Lage, die einen sehr hohen Hel ligkeitsgrad besitzt. Cantate T 72 735 und T 72 734, Eterna 8 27 642 Vier Jahrzehnte hat Mauersberger das Oeuvre des Sagittarius als die „ideale Knabenchormu sik“ 23 für den Kreuzchor beansprucht. Als Hürde des Anfangs erwies sich die Unzulänglich keit des vorhandenen Aufführungsmaterials. Zusätzlich stellten sich Probleme in den Weg, die auf aufführungspraktischem Terrain erst allmählich eine Klärung erfahren sollten. Mauersberger handelte nach realistischen, zweckgebundenen Gesichtspunkten. 24 Für ihn ein Mittel, Klangliches auch optisch zu verdeutlichen, unterstrich er bei den in Frage kommenden Motetten von Schütz die Doppelchörigkeit, indem er den Chor getrennt Aufstellung nehmen ließ. 25 Und als Erkenntnisse wie die der Realtonhöhe noch nicht zur Diskussion standen und beobachtet wurden, gab er den Ton vielfach höher an, weil er die vorhandene Notierung als zu tief empfand. 26 Einspielungen von über 100 Schützschen Einzelwerken für Chor setzten im Verzeichnis von Eterna einen beachtenswerten Akzent. Mit außerordentlicher Hingabe hat sich Mauersberger mit seinen Kruzianern der „Geistlichen Chormusik 1648“ angenommen, die bei ihm des aktu ellen geschichtlichen Bezuges wegen Bekenntnischarakter trug. Bei den „Cantiones sacrae“, für die Mauersberger „in immer neuen Kombinationen die schönsten Kruzianerstimmen“ auswählte 27 , tritt uns ein makellos-liebliches Klangbild entgegen, das in seinem fließenden Duktus dem Caecilianismus näher zu stehen scheint als der Schützschen Kapellmeisterpraxis. Mauersberger hat im Laufe seines langen, der Kirchenmusik gewidmeten Lebens registriert,